Andreas Herberg-Rothe legt hier eine Bilanz der Forschung über das Phänomen
Krieg vor. Sein sehr gehaltvolles Bändchen erweist sich als kompakter und
kompetenter Forschungsbericht zu diesem Thema. Er zeigt, dass wir es ganz
offensichtlich nach dem 11. September 2001 mit einer neuen Form von Kriegen zu
tun haben und bilanziert: "Die neuen Kriege sind gekennzeichnet durch den
Verfall von Statlichkeit und Überhandnehmen privatisierter Gewalt, das
Auftreten scheinbar längst der Vergangenheit angehörender Waffenträger wie
Södlner, Kindersoldaten und Warlords sowie durch Kämpfe um Identität,
Bodenschätze und grundlegende Existentielle Ressourcen wie etwa Wasser. Ihr
äußeres Kennzeichen ist das vermehrte Auftreten irrational scheinender und
exzessiver Gewalt..." (S. 8).
Herberg-Rothe geht im Anschluss an Clausewitz, dessen erschreckende Aktualität
angesichts der Begriffe von Krieg und Terrorismus erschreckend deutlich wird
(der Autor nimmt hier auch Bezug auf seine frühere Studie "Das Rätsel
Clausewitz) von einem einheitlichen Kriegsbegriff aus, der aus Gewalt, Kampf und
die zugehörigkeit der Kämpfenden zu einer umfassenderen Gemeinschaft definiert
sei.
Der Autor erläutert auch die Begriffe Gewalt, welche im Krieg kein Selbstzweck,
sonern Mittel sei. Außerdem beschreibt er das Merkmal der "neuen
Kriege" und des modernen internationalen Terrorismus, die sogenannte
Asymetrik des Krieges. Terrorismus sei keine moderne Erscheinung (S. 80,),
terroristische Anschläge seien als asymetrische Kriegsführung zu bezeichnen,
die darauf ziele, dem Gegner maximalen Schaden zuzufügen (S. 81). Wie auch
Herfried Münkler in seinem Werk: "Die neuen Kriege" geht
Herberg-Rothe von einer Vielfalt der Kriegsursachen aus, so dass von einer
Monokausalität von Kriegsursachen nicht gesprochen werden kann.
Das Buch behandelt auf 142 Seiten wesentliche Aspekte der Kriegsforschung und
ist übersichtlicher strukturiert und als Einführung daher besser geeignet als
Herfried Münklers "
Die
neuen Kriege".
Was mir zu kurz kommt ist die Erörterung von Strategien zur Kriegsvermeidung
oder sogenannte Friedensstrategien. So ist es meines Erachtens bezeichnend, dass
in der - sonst hervorragenden - Literaturliste das grundlegende Werk von
Czempiel: "Friedensstrategien" nicht erwähnt wird.
Auch eine genaue Ursachenforschung des modernen Terrorismus, die Ursachen des
"Fundamentalismus des Terrors" wie sie - hervorragend - John Gray,
früherer Berater der britischen Premierministerin Thatcher, in seinem Buch
"Die Geburt al-Qaidas aus dem Geist der Moderne" (Kunstmann-Verlag,
2004, die beste Analyse des derzeitigen internationalen Terrorismus, die ich
kenne), der den modernen Terrorismus als Abwehrreaktion gegen den Geist der
Moderne beschreibt, findet nicht statt. Dies ist aber hier eher zu
entschuldigen, da dieses Thema für eine Einführung in die Thematik wohl zu
kompex ist.
Fazit
Insgesamt wird der Forschungsstand zu dem Thema hervorragend dokuemtiert, die
diesbezüglichen Arbeiten, etwa von Peter Waldmann (dessen neues Werk:
"Terrorismus und Bürgerkrieg" noch nicht in der Literaturliste
aufgeführt ist, wohl aber frühere Arbeiten des Autors), Herfried Münkler,
Wolfgang Sofsky, Trutz von Trotha, Martin van Creveld und vielen anderen
Forschern zu der Thematik Krieg und Gewalt sind aufgeführt und zeigen, wie
umfangreich zwischenzeitlich der Forschungsstand zu dem Thema angewachsen
ist.
Gute Einführung zum Thema.
Vorgeschlagen von Bernhard Nowak
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veröffentlicht am 03. Juli 2004 2004-07-03 14:08:36