Die "Zeugin der Anklage" dürfte - dank des grandiosen Filmes mit
Marlene Dietrich und Tyrone Power zu den bekanntesten Werken der "Queen of
Crime" gehören. Meines Erachtens ist es auch einer ihrer besten.
Leonard Vole wird angeklagt, eine vermögende Witwe aus Habgier ermordet zu
haben. Er bestreitet die Schuld und bringt den angesehenenen Anwalt Wilfried
Robarts dazu, ihn zu verteidigen. Da taucht plötzlich Leonard Voles Frau als
Zeugin der Anklage auf und gibt dem Fall eine überraschende Wendung...
Was an dem Buch überzeugt, ist die psychologische Dimension des Falles.
Habgier, Liebe und Rache, elementare menschliche Gefühle prägen den Krimi. Hat
nicht der Leser nach dem - zwar überraschenden, durch den Film aber
wohlbekannten Ende nicht das Gefühl, dass er genauso gehandelt hätte wie
Leonard Voles Frau?
Natürlich bleiben manche Schwachstellen im Krimi. Wieso lässt sich der
erfahrene Anwalt Robarts ohne Beweise auf die Verteidigung Leonard Voles ein und
wieso durchschaut er die - am Ende dramatisch aufgedeckte - wahre Sachlage nicht
vorher? Denn eines muss man natürlich sehen: wenn Christine Vole am Ende nicht
für die dramatische Wendung des Falles gesorgt hätte, wäre der Justizirrtum
nie geklärt worden. Insofern siegt hier - im Gegensatz zu dem zeitlich parallel
entstandenen Klassiker "
Das Urteil der Zwölf" von
Raymond Postgate (dort wird der Justizirrtum nicht durch irdische Gerechtigkeit
gesühnt) doch noch die Gerechtigkeit - dies wäre in Wirklichkeit doch wohl
eher unwahrscheinlich gewesen.
Fazit
Aber: insgesamt doch einer der besten, weil psychologisch glaubwürdigsten
Kriminalromane der Autorin. Hervorragend.
Vorgeschlagen von Bernhard Nowak
[Profil]
veröffentlicht am 01. Juli 2004 2004-07-01 21:03:34