Aus Belastungen Stärken gestalten
Natürlich ist es nicht einfach, sondern eher eine
"Schwerlast-Aufgabe". Aus negativen Emotionen, bzw. besser gesagt, aus
einem nicht konstruktiven Umgang mit Emotionen zu einem "günstigem"
Umgang mit den eigenen Emotionen zu gelangen. Denn gerade teils äußerst
belastende Emotionen sind in erster Linie die Ursache für die Notwendigkeit
einer Psychotherapie oder intensiven Beratung. Man könnte sagen, dass durch
emotionale "Ausbrüche", die sich belastend verstetigen, die
Perspektivem auf den gesamten Bereich des eigenen Lebens "falsch"
ausgerichtet werden und aus eigener Kraft der Spirale nicht mehr entkommen
werden kann.
Schritt für Schritt nun legt Glasenapp ein Manual vor, den Umgang mit den
eigenen Emotionen verändern zu können, damit die Perspektiven langsam wieder
anders, passender ausrichten zu können und am Ende somit aus der
"ungezügelten Wucht" der Emotion, der der Mensch zunächst
ohnmächtig gegenübersteht, eine "lenkbare" Ressource zu gestalten
(soweit möglich, natürlich). Die Kraft der jeweiligen Emotionen somit also in
eine weniger zerstörerisch-belastende Richtung sich "austoben lassen zu
müssen", sondern die Emotion als "Antriebskraft" ohne größere
Bewertungen zu verstehen.
Hier legt Glasenapp zu Recht bereits den Schwerpunkt im ersten Teil seiner
Darlegungen ausführlich auf die "Veränderung des Umgangs mit
Emotionen". Signalisieren und Regulieren, das wäre die adaptive Nutzung
der eigenen Emotionen. Zu deren Voraussetzungen gehört, die eigenen Emotionen
zunächst zu erkennen und benennen zu können, statt nur einem "diffusen
Gefühl" gegenüberzustehen. Aber getreu dem Motto: "Arbeite mit dem,
was nicht ist", gelingt Glasenapp es vor allem, die Komplexität der Ideen
zu reduzieren und somit ein einfach verständliches Manual in sechs Modulen
vorzulegen. Bei denen der "bewusste Umgang mit Emotionen" zunächst
als wichtige Voraussetzung zur Regulation der Emotionen gesetzt und für die
Praxis erläutert wird, um am Ende genau zu verstehen, wozu die eigenen
Emotionen dienen, was sie genau ausdrücken und wie diese reguliert und damit
adaptiv konstruktiv "erlebt" werden können.
Emotionen erkennen und ihnen "Worte geben", bildet dabei den ersten,
hineingehenden Schritt. Den Sinn der eigenen Emotionen verstehen, zunächst
kognitiv, bringt dann bereits einen großen Schritt weiter als Etappe auf dem
Weg zum Ziel, mitsamt des Verständnisses der eigenen emotionalen Schemata (mit
Anleihen an Schematherapie und Modus). Beides Voraussetzungen für den dritten
Schritt, das genau eigene Gefühlsleben verstehen, benennen, genau spüren und
einordnen zu können. Ein Prozess, der nahezu umgehend die eigene Biographie als
wichtigste Ursache für die genau eigene Art, Emotionen zu erleben und diesen
gegenüberzustehen als viertes von sechs Modulen logisch folgen lässt.
All dies, so wichtig es ist und so fundiert und zugleich verständlich Glasenapp
die ersten vier Module aufarbeitet, findet seine wichtigsten Momente dann im
fünften Modul, der Veränderung des eigenen, emotionalen "Stils" und
damit die Aktivierung neuer Ressourcen aus dem vormaligen
"Gefühlschaos" heraus. Im Wissen darum, dass die emotionale
Grundausstattung eines Menschen früh gelegt und gesetzt wird, dass daraus
lebenslange Automatismen, Ängste, Freuden, Sehnsüchte entstehen,
Vermeidungsstrategien vor als schmerzlich empfundenen Emotionen meist schon in
der Kindheit verankert werden, aus all dem ist bereits ersichtlich, dass
Emotionen zwar der dreh- und Angelpunkt eines jeden Lebens sind, aber aufgrund
ihrer tiefen, unbewussten Verankerung es weder ein einfacher noch ein schneller
Weg sein wird, sich darin grundlegend anders auszurichten. Was im Buch
natürlich nicht geleugnet wird, hier und da aber etwas zu optimistisch im Sinne
der logischen Erläuterungen im Buch gelesen werden könnte. Da sich Gefühle
zunächst massiv der Logik entziehen, zudem Abwehrhaltungen gerne ja auch über
"rein logische" Erkenntnisse des Verstandes sich aktiviert werden
("Intellektualisierung"), muss diese Aufgabe in ihrer Komplexität im
Hinterkopf bei der Lektüre verankert sein.
Das Ablegen, sich befreien von "Bewertungen" ist hier der
entscheidende Schlüsselschritt, der am meisten zur Veränderung des eigenen
emotionalen Stils zugeben kann. So ist es ein weiter Weg, durchaus ein
beschwerlicher Weg, mit Rückschlägen versehen, der am Ende zur "Nutzung
von (vormals bedrückenden, ängstlich machenden) Emotionen als Ressourcen im
Alltag (und unter Druck)" führt. Aber mit diesem Manual ein zu
verstehender Weg, für den Glasenapp eine Vielzahl von praktischen
Möglichkeiten mit an die Hand gibt.
Fazit
Eine wichtige Lektüre für jeden im Bereich Arbeitenden und, aufgrund des sehr
verständlichen Stils, auch für jeden interessierten Laien ein Gewinn.
Vorgeschlagen von Lesefreund
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veröffentlicht am 05. April 2022 2022-04-05 13:02:21