"Wenn jemand eine Reise tut, so kann er was er was erzählen...."
(Matthias Claudius 1740-1815)
Offensichtlich ist Gregor Gysi ein weit- und vielgereister Mensch. Denn:
erzählen kann er - und wie! Der promovierte Jurist, der als Rechtsanwalt
arbeitete, ist ein erfahrener Parlamentarier und gehört seit der
Wiedervereinigung dem Bundestag an. Berühmt-berüchtigt ist er für seine
glänzende Rhetorik, für seine sprachliche Schlagfertigkeit und
Spitzzüngigkeit.
Von all dem kann sich der Leser in diesem neu erschienenen Buch überzeugen.
Auch davon, wie bewusst Gregor Gysi mit Sprache umgeht, bewusst und respektvoll.
Seine Sichtweise auf die Relevanz und die Möglichkeiten des Umgangs mit Sprache
und Rhetorik stellt er der Leserschaft in 20 sehr kurzweiligen Abschnitten vor.
Man lernt hierbei nicht nur den scharfsinnigen Charakter des Politikers (und
manchmal auch des Rechtsanwalts) Gysi kennen, sondern erfährt vieles aus dem
Alltag eines Berufspolitikers im Parlament, im Umgang mit den Medien, in
Talkshows und bei öffentlichen Veranstaltungen.
Seine eigenen Erfahrungen als Politiker, der sich in seiner Dauerrolle als
Vertreter der Opposition zurecht finden muss, sind lesenswert und undogmatisch.
Die im Hauptteil eingestreuten Kostproben über seinen Rhetorik lockern das Buch
nicht nur auf, sondern sind ein lebendiger Beleg für das, was Gregor Gysi
inhaltlich mit diesem Werk vermitteln möchte. Als Anhang finden sich
abschließend drei Redebeiträge aus dem Deutschen Bundestag, die exemplarisch
für die Redegewandtheit des Autoren ausgewählt wurden.
Fazit
Nicht all zu oft geht ein Fazit zu einem Buch so leicht von der Hand, wie in
diesem Falle. Es ist ein echtes Vergnügen, dieses Buch zu lesen (und zu hören:
da ich die Audio-Version ebenfalls ausprobiert habe kann ich auch dies
empfehlen)! Die Mischung macht's: das gilt für das vorliegende Buch aus meiner
Sicht in besonderem Maße. Tiefgründigkeit, wenn es um die Nutzung von Sprache
und die Kunst der Rhetorik geht, dennoch sehr verständlich und mit Beispielen
aus der Praxis des Autoren reichlich garniert (ohne es dabei mit einem Bezug zu
seinen ureigenen politischen Sichtweisen zu übertreiben und zu ideologisieren),
wird die Lektüre zum Lesevergnügen - ein echter Gewinn!
Sucht man nach Kritikpunkten, wird es schwierig. Für mich wäre allenfalls der
Anhang (Redebeispiel)zu nennen. Für den Inhalt des Buches ist es tatsächlich
allenfalls "Beiwerk". Eingangs schreibt der Autor noch über einen
gewissen Zweifel, ob seine Fähigkeiten zu schreiben, an seine Möglichkeiten
der Rede heranreichen. Aus meiner Sicht kann er sich beruhigt
zurücklehnen...
Absolute Leseempfehlung!
Vorgeschlagen von Dietmar Langusch
[Profil]
veröffentlicht am 22. März 2022 2022-03-22 21:22:50