Liebe und Zusammenhalt
Pommern 1930: In Zeiten der Weltwirtschaftskrise heiratet Johannes Pinneberg
Emma Mörschel, die ein Kind von ihm erwartet. Sie führen eine glückliche Ehe
und leben in bescheidenen Verhältnissen, bis Pinneberg arbeitslos wird. Alles
erscheint aussichtslos. Doch unerwartet trifft Post aus Berlin ein. Pinnebergs
Mutter hat in Berlin eine Wohnung und eine Arbeitsstelle für den werdenden
Vater. Freudig und voller Erwartung bricht das Ehepaar seine Zelte in Pommern ab
und macht sich auf den Weg in die Reichshauptstadt."Der Junge",wie
Pinneberg liebevoll von seiner Frau genannt wird, wird Vater und kann wieder
für den Lebensunterhalt sorgen. Aber das Glück ist nicht von Dauer. Pinneberg
muß um seinen Arbeitsplatz fürchten. Immer mehr gerät er in den Sog von
Existenzängsten und Furcht vor sozialem Abstieg. In dieser schwierigen Zeit
versucht Pinneberg mit den Widerwärtigkeiten des Alltags zurechtzukommen. Es
ist nicht leicht für ihn, jedoch findet er Kraft und Zuversicht in seiner Frau
und dem kleinen Sohn Murkel. Mit ihrem selbstbewußten und starken Charakter
versteht es Emma, mutig nach vorn zu schauen und Hoffnung zu verbreiten.
Gekonnt entwirft Hans Fallada ein Panorama der sozialen Verhältnisse in Berlin
in der Zeit von 1930 bis 1932. Anhand der Familie Pinneberg beschreibt der
Schriftsteller eindrucksvoll das Berliner Leben während der
Weltwirtschaftskrise. Angst vor Arbeitslosigkeit und gesellschaftlichem Abstieg,
menschlich entwürdigende Umgangsformen unter den Gesellschaftsschichten,
unterschiedliche politische Meinungen, bilden das Stimmungsbarometer. Als
Kontrast dazu wird die kulturelle Blütezeit der "Roaring Twenties",
schlicht und einfach in einem nüchternen Stil beschrieben. Der Roman läßt
deutlich erkennen, daß Außenseiter und Menschen am Rande der Gesellschaft das
Metier von Hans Fallada sind. Wie in seinen anderen Romanen versteht es der
Schriftsteller, soziale Verwerfungen und deren Folgen für den Einzelnen mit
großer Emphathie und Einfühlungsvermögen sachlich- realistisch
darzustellen.
Hans Fallada, eigentlich Rudolf Friedrich Wilhelm Ditzen, wurde 1893 in
Greifswald geboren. Schon als Jugendlicher endeckte er die Literatur und das
Schreiben für sich. 1920 veröffentlichte er seinen ersten Roman "Der
junge Goedeschal". Weitere Romane folgten. Der große Durchbruch gelang ihm
1932 mit dem Roman "Kleiner Mann – was nun?". Schnell avancierte er
zum Bestsellerautor. Leider wurde das Buch mit Beginn der Naziherrschaft um ein
Viertel des Inhalts gekürzt. Glücklicherweise liegt es nun seit 2016 wieder in
der ursprünglichen, vollständigen Fassung mit einem fünfzigseitigen Anhang
vor.
Hans Fallada, ein leidenschaftlicher Schriftsteller und Vertreter der Neuen
Sachlichkeit, starb 1947 in Berlin. Seine letzte Ruhestätte fand er auf dem
Friedhof in Carwitz. In Carwitz lebte der Autor von 1933 bis 1944. Heute
befindet sich in seinem ehemaligen Anwesen das Hans-Fallada-Museum.
Fazit
Hans Fallada ist ein bewegender Sozialroman gelungen. Trotz einer unverblümten
und nichts beschönigenden Ausdrucksweise berührt er in seiner Wärme und
Menschlichkeit.
Vorgeschlagen von Heike Jaschhof
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veröffentlicht am 26. Januar 2022 2022-01-26 20:04:44