Deutschlands wirtschaftliche Dynastien
Die Charaktere waren und sind durchaus verschieden. Und somit wird es am Ende
der Lektüre nicht "das Eine" Geheimnis für (wirtschaftlichen) Erfolg
geben, dass der Leser einfach Herauslesen und für sich dann nach bestimmten
Regeln ins eigene Leben übertragen könnte, geben. Wobei dennoch bestimmte
Haltungen und Einstellungen, ein hohes Maß auch an Fleiß und
Leistungsbereitschaft natürlich bei (fast) allen "Erfolgsgeschichten"
im Buch vorausgesetzt werden können. Dennoch aber der Faktor des Glücks, der
"guten Gelegenheiten" wenig beeinflusst werden kann. Wohl aber eine
Glaube an die eigene Selbstwirksamkeit tief verwurzelt vorliegen sollte, um eben
(glückliche oder zufällige) Gelegenheiten dann auch beim Schopf packen zu
können. Wenn es darauf ankommt. Denn das verbindet diese
"Familiengeschichten" langdauernden, wirtschaftlichen Erfolges. Da zu
sein, wenn es darauf ankam und nicht lockerzulassen an dem, was man auf den Weg
bringen möchte.
The Coatine Company. Die Tassi-Familie. Die Apotheke, die am Anfang der
Weltfirma Merck stehen soll. Warburgs Aufstieg gegen massive Widerstände.
Villeroy und Boch, der Verlag der Familie Reclam mit ihrer revolutionären Idee
der "kleinen Hefte", August Thyssen und sein
"Scherbenhaufen" am Ende, Robert Bosch mit seinem Erfindergeist. Die
Krupps, die IG Farben mit gleich einer ganzen Stadtgründung (Leverkusen),
Porsche und Piech und, und, und.
Alles, was an Familienunternehmen, auch wenn diese inzwischen Weltfirmen und
reine Aktiengesellschaften sein sollten (oder untergegangen sind) in Deutschland
seit Generationen im Raum steht, Namen, die allseits bekannt da stehen,
Produkte, die fast als Eigenname für einen ganzen industriellen Bereich stehen,
all dem gehen die Autoren im Werk sorgsam und fundiert nach. Mitsamt, und das
ist eine gute Idee am Ende, einer kurzen Zusammenfassung all dieser Namen und
Unternehmen als Portrait am Ende des Buches als Darstellung wirtschaftlicher
Entwicklungen von bereits 1150 an (den Wurzeln damals eher kleiner
Familienbetriebe) bis heute.
Wobei all diese Unternehmen in einigen wesentlichen Punkten tatsächlich
"vereint" da stehen. Eine gute Geschäftsidee, geschicktes
Wirtschaften, auch günstige Umstände für genau je die konkrete Idee, vor
allem aber begabte, befähigte, zumindest solide Nachfahren, die den Erfolg zu
erhalten und mehren verstanden, aus diesen Zutaten sind die teils bis heute mit
weltmarkführenden Unternehmen als deutsche Familienunternehmen entstanden.
Was durchweg interessant zu lesen ist, denn im einzelnen unterscheiden sich die
Geschichten doch stark. So war hier und da die erste Idee gar nicht die
tragfähige, sondern erst im Lauf der Zeiten entfaltete sich das, wofür die
Namen meist heute noch stehen (z.B. Merck). Oder es war gar nicht der Gründer,
der für dauerhaften Erfolg sorgte, sondern Nachfahren, die teils
"Scherbenhaufen" erst zusammenkehrten und neu strukturiert dauerhaften
Erfolg für eine gewisse Zeit garantierten (Thyssen) oder es brauchte die
"Nähe zur Macht" ums uns einem "soliden" kleinen
Unternehmen ein "Weltunternehmen" zu erschaffen (Krupp). Und ebenso
liest es sich anregend, auch die vielen Auseinandersetzungen in den Familien
selbst noch einmal nachzuvollziehen. Bis hin zur Grundthese der Betrachtungen;
"Der familiäre Zusammenhalt garantiert den Erfolg".
Fazit
Facettenreich, differenziert und jederzeit gut zu lesen und verständlich im
Stil ist dies nicht nur eine historische Betrachtung, sondern auch ein Verweis
auf "Formeln des wirtschaftlichen Erfolges", Erinnerungen an
Strukturen von Firmen, die solide groß und größer wurden, Mahnungen durch
Misserfolge und Scheitern, die auch für die Zukunft immer noch wichtige Impulse
bereit halten.
Eine empfehlenswerte Lektüre.
Vorgeschlagen von Lesefreund
[Profil]
veröffentlicht am 07. September 2021 2021-09-07 16:15:54