Die 70er Jahre sind die Zeit der Fahndungsplakate nach RAF-Terroristen. In der
Eifel, nahe der Grenze zu Luxemburg, verbringt die 11-jährige Ulrike auf dem
Sattel eines Bonanza-Rads mit ihrer gleichaltrigen Freundin Sanne die Ferien.
Ulrikes Eltern fürchten, die Mädchen könnten im Straßenverkehr
verunglücken, der Unfall des Nachbarssohns ist noch nicht lange her. Diffusere
Erwachsenen-Ängste äußern sich in der Aussage, dass Mädchen nicht allein
draußen unterwegs sein sollen. Was genau damit gemeint ist, bleibt unklar und
so fühlen die Mädchen sich nicht vom Verbotsschild am Hochsitz angesprochen,
das spielende Kinder verbietet. Sie spielen dort oben nicht, sondern beobachten
das Dorf – wie die Profis. Von hier oben erfahren sie, was Erwachsene lieber
verheimlichen würden. Mitten in der RAF-Hysterie gibt es im Dorf z. B. viel zu
viele Waffenbesitzer. Die jüngeren Kinder sind mit dem Sammeln und Beschaffen
von Fußballbildern zur nahenden Weltmeisterschaft beschäftigt. Ulrikes Brüder
jedoch handeln mit gefährlicherer Ware, um sie müssten die Erwachsenen sich
eher sorgen. Im Drei-Länder-Dreieck bieten sich einige Geschäftsmodelle für
illegale Geschäfte an …
Auch Polizeiobermeister Reiter vom Ein-Mann-Polizei-Posten observiert; er
interessiert sich für die Vorgänge in einer verlassen wirkenden Autowerkstatt,
neben der drei Brüder in chaotischen Verhältnissen leben. Als eine Bank
überfallen wird, glaubt so mancher zu wissen, wem ein Bankraub zuzutrauen ist.
Aus dem Dorf kann es ja wohl niemand gewesen sein! Aber diese Typen auf dem
Petershof? Jeder Fremde könnte verdächtig sein und einige Personen führen
sich äußerst verdächtig auf. Die beiden jungen Spioninnen fühlen sich
verpflichtet, die Unschuld des bisher Verdächtigen zu beweisen, und nehmen die
Ermittlungen selbst in die Hand. Die Mädels erfassen wie die Profis
Körpersprache, Kleidung und Autotypen. Eine vielversprechende Spur scheint ein
schwarzer Stofffetzen zu sein, den jemand auf der Flucht im Bachbett verloren
haben muss.
Aus kindlicher Perspektive bis dahin behüteter Elfjähriger gibt Max Annas
Einblick in wenig idyllisches Landleben zur Zeit der RAF-Fahndung.
Charakteristisch für das Jahrzehnt ist der Strukturwandel, der Landwirte
zwingt, entweder hohe Summen in die Spezialisierung zu investieren oder ihren
Hof aufzugeben. Die Auflösung schließlich führt zu Ereignissen der
Vergangenheit, die Sanne und Ulrike auch mit noch so sorgfältigen
Ermittlungsmethoden nicht ausgraben konnten.
Fazit
Wenn Zeugenaussagen von Kindern nicht ernstgenommen werden, dauert es eben, bis
ein Fall wie in diesem Eifeldorf aufgeklärt wird. Der netzartig angelegten
Handlung aus grenzüberschreitenden Geschäften, Dorftratsch und einer Vielzahl
von handelnden Personen gibt die kindliche Erzählpespektive besonderen Pfiff.
Elfjährige sollte man nicht unterschätzen – auch nicht als Icherzählerinnen
im Krimi.
Vorgeschlagen von Helga Buss
[Profil]
veröffentlicht am 30. Juli 2021 2021-07-30 08:20:04