Robert Cormier, der im Jahre 2000 verstorben ist, gehört zu den Meistern der
realistischen Jugendliteratur. Im vorliegenden Psychothriller schildert Cormier
das Psychogramm eines zur Tatzeit noch jugendlichen Serienmörders, Eric Poole,
der seine Mutter, seinen Stiefvater und 5 Mädchen umbrachte. Der Einzige, der
ihn durchschaut, ist Polizeileutnant Jake Proctor. Aufgrund seiner
Menschenkenntnis erkennt er die Maske, mit der sich Eric tarnt. Dies gelingt
Proctor auch deshalb, weil er zwanzig Jahre zuvor an der Aufklärung eines
grauenhaften Kindesmordes gescheitert war. Ein Tatverdächtiger wurde mangels
Beweisen freigelassen, doch Proctors Instinkt und Beobachtungsgabe sagte ihm,
dass Derek Larrington, den er heimlich beobachtet hatte, der Mörder des
Mädchens gewesen war. In Poole erkennt Proctor denselben Charakter. Poole ist
Meister der Verstellung. Er steht an seinem 18. Geburtstag vor seiner
Freilassung, weil er den Behörden vorspielt, die Ermordung seiner Mutter und
seines Stiefvaters gehe auf körperliche Misshandlungen zurück. Proctor kann
ihm das Gegenteil nicht beweisen und die Freilassung nicht verhindern. Proctors
Ziel bleibt es, weitere Verbrechen durch Poole zu verhindern und bleibt ihm auf
den Fersen...
Da begegnet Eric Poole der gleichaltrigen Lori, die er von früher her kennt und
die hinter sein Geheimnis kommt. Eigentlich müsste er sie dafür beseitigen,
doch Lori liebt Eric, ist auf ihn fixiert. Dies bringt ihn aus dem Konzept...
Cormier schildert die Ereignisse jeweils aus der Perspektive der drei
Protagonisten Poole, Lori und Proctor und es gelingt ihm dabei, eine fast
unerträgliche Spannung aufzubauen. Der Leser hat das Gefühl, drei Züge zu
sehen, die unaufhaltsam aufeinander zurasen... Kommt es zur Katastrophe?
Fazit
Mich hat dieses Buch unwahrscheinlich beeindruckt. Cormier verstand es, zu
erzählen und gehörte zu den Meistern seines Faches. Man sieht die von ihm
beschriebenen Charaktere förmlich "vor sich". Nicht zu Unrecht wurde
er von der Kritik mit Salinger und seinem "Fänger im Roggen"
verglichen. Mich erinnert sein Erzählstil auch an Truman Capotes Roman:
"Kaltblütig" und auch an John Steinbecks: "Mäuse und
Menschen".
Ein Meisterwerk. Unbedingt lesenswert.
Vorgeschlagen von Bernhard Nowak
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veröffentlicht am 22. Juni 2004 2004-06-22 18:19:38