Geheimnisse aus dem Gletscher
"Nein. Ich habe aufgehört und bin ein paar Jahre abgestürzt, dann habe
ich jemanden getötet und bin untergetaucht, jetzt bin ich wieder aufgetaucht,
um mit Karl-Oskar zu sprechen".
Knapp und präzise bringt Thomas Stilton seinen ungewöhnlichen Werdegang auf
den Punkt. Der nun eine Fortsetzung in Schweden findet, weil sein
"Ziehkind", Olivia, Tochter seines verstorbenen Kollegen und Freundes
Arne, angeschossen wurde. Und weder Stilton noch seine Mentorin Mette noch deren
Mann Marten lassen so etwas auf sich beruhen, auch wenn es für Stilton heißt,
sein kleines, persönliches Paradies in Thailand für eine Weile zu verlassen.
Und auch wenn der Ermittler zunächst schwankt und nicht recht weiß, ob er
lieber schnell wieder zurückkehrt, spätestens als klar wird, dass die Schüsse
auf Olivia zu tun haben mit einem alten Fall, an dem er selbst mit Arne
ermittelte, Schritt für Schritt wird er samt Olivia und ihrem Team
hineingezogen in gefährliche Machenschaften, die bis zu unwegsamen Gebieten
Schwedens reichen.
Ein Fall, bei dem Börjlind wie nebenbei und dennoch überzeugend die
Klimaproblematik mit ins Spiel bringen und hintergründig sehr darauf achten,
dass dies für den Leser mit persönlichen Folgen für konkrete Menschen
verknüpft ist. Denn sogar die alles auslösende Leiche wird nur gefunden, weil
ein Gletscher in erheblichem Maße sein Eis bereits verloren hat.
Wie aber eine gut situierte Frau, Ehefrau eines verschwundenen Geschäftsmannes,
vielleicht gar Geliebte eines halbseidenen Drogendealers, der eng zu tun hat mit
dem, was da im Eis gelegen hat mit all dem zusammenhängen könnte, was das für
ein Paar ist, dass in der dünn besiedelten Einöde Olivia wörtlich "aufs
Korn" nimmt und wie Olivia (durch energische Vermittlung von Mette) sich
bei ihrer ersten leitenden Ermittlung in einem Mordfall macht, all das liest
sich, wie gewohnt, anregend, verschachtelt, zunächst langsam das
"Personal" entfaltend, um danach die Spannung Schritt für Schritt zu
erhöhen und dabei das Tempo anzuziehen.
"Sie kannten einander so gut – und dann doch wieder nicht. Wie es im
Grunde immer war".
So fallen auch einsame Entscheidungen und nicht immer herrscht blinde Harmonie
im Ermittlerteam, dennoch aber eint alle Beteiligten eins: Keiner ist gewillt,
locker zu lassen, wenn einmal eine auch nur vage Spur im Raum steht. Wobei in
diesem Thriller ebenfalls gut zu verfolgen ist, wie sich die Personen, allen
voran Mette, Marten, Stilton und Olivia, im Lauf der Zeit entwickelt haben und
dass nun durchaus auch ganz persönliche, starke Veränderungen, das Alter
selbst in den Raum treten, so dass gerade im Umfeld von Mette und Marten auch
eine eher neue Melancholie hartnäckig Teil des Lebens wird.
Fazit
Wie aus den Vorgängerwerken bereits gewohnt, bietet auch "Kaltes
Gold" eine flüssig zu lesende, sprachlich anregende und in den Personen,
dem Fall, unverhofften Wendungen und der zunehmenden Spannung eine hervorragende
Lektüre.
Vorgeschlagen von Lesefreund
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veröffentlicht am 01. Februar 2021 2021-02-01 11:28:56