Gründlich und umfassend erzählt - 1180 Seiten für einen alten, 40 Jahre
zurückliegenden Fall. Und das zudem mit einem Fall, der zwar gemächlich mehr
und mehr an Fahrt aufnimmt, aber an sich so viel an Geschichten gar nicht zu
erzählen hat. Wohl aber hat Galbraith in ihrer angenehmen und schön zu
lesenden Art und Weise viel zu erzählen, was mit den vielfach handelnden
Personen im Werk zusammenhängt.
Seien es, natürlich, die beiden Hauptpersonen, Cormoran Strike und Robin, seine
kongeniale Partnerin in der Detektei, seien es aber auch die vielen, bis in die
Nebenfiguren hinein differenziert und mit viel "Fleisch an den Rippen"
gestalteten Personen, denen Galbraith mit Liebe zum Detail nachgeht. Und damit
den Leser, trotz des eher gemächlichen Tempos des Thrillers, mehr und mehr in
diese ganz eigene, englische Welt hineinzieht. Die natürlich nicht, wie in
früheren Werken, mit Fantasy-Elementen spielt, die aber ähnlichen Tiefgang in
den Nebenschauplätzen und mehrfachen Handlungssträngen aufweist, wie zu
früheren Zeiten.
Dass Cormoran überhaupt einen solchen Fall annimmt, dass er sich nicht von der
kühlen und fast feindseligen Art der Lebensgefährtin seiner Auftraggeberin
abschrecken lässt und dass tatsächlich, langsam, eine Art Faden in seinen
Fingern sich verspinnt, den er vorsichtig beginnt, aufzurollen, das ist durchaus
überzeugend geschildert. Flankiert von menschlich-allzu menschlichen
Interessenslagen anderer Klienten (selbst die geschilderte, dreiste Form der
Bigamie wirkt nicht aufgesetzt oder übertrieben, genauso wie die
"Nachstellungen" des neuen Kollegen in der Detektei Robin
gegenüber).
Um dann im zweiten Teil des Werkes die Gefahren stärker in den Mittelpunkt zu
rücken und den Fall immer breiter und verwickelter werden zu lassen, bis
deutlich wird, dass es beileibe nicht um ein einfaches Verschwinden einer Frau
geht, sondern dies nur die Spitze eines Eisbergs ist, der vieles ins Wanken
bringen könnte, sollte er unkontrolliert brechen.
Fazit
Alles in allem legt Galbraith ein hervorragend zu lesendes, mit vielen
Erzählideen versehenes Werk vor, dass im Umfeld eines interessanten Falles vor
allem die Protagonisten noch einmal sehr nahebringt und viel Hintergrund aus der
Lebensgeschichte zu erzählen hat. Eine klare Leseempfehlung für Leser, die
sich gerne in Geschichten fast verlieren, weniger geeignet für Erwartungen an
temporeiche Aneinanderreihungen von Action-Elementen.
Vorgeschlagen von Lesefreund
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veröffentlicht am 04. Januar 2021 2021-01-04 10:17:45