Eher routinierter Nachfolger
Mikael Blomkvist ist auf irgendeine schwer greifbare Art und Weise nicht
sonderlich motiviert. Zurzeit. Weder für Seinen Beruf noch so recht für das
Private. Was liegt da näher, als nach Lisbeth Salander zu schauen? Zu der sein
Kontakt eher sporadisch sich eingependelt hat, die ihn, wie er missvergnügt
feststellt, wohl noch nicht einmal mehr digital "überwacht". Umso
größer sein Erstaunen, dass in der (inzwischen allseits sicher bekannten)
Wohnung in Stockholm fremde Menschen von ihm vorgefunden werden. Und klar wird,
dass Salander die Wohnung verkauft und ohne Nachricht oder Hinweise zu
hinterlassen zumindest aus seinem Sichtfeld verschwunden ist. Was doch an ihm
nagt.
Während der Leser informierter ist und zugleich in der zweiten Perspektive des
Thrillers Lisbeth Salander folgen kann, die eine ganz besondere Begegnung gerade
erlebt. Aber den Finger nicht schnell genug am Abzug hat (oder mental zögert?)
und damit ein gewichtiges Problem ihres Lebens nicht unbedingt frühzeitig im
Thriller löst, auf der anderen Seite mit Mühe und Not knapp aus der Situation
entkommt, bevor sie selbst das Ziel zu vieler Kugeln werden könnte.
"Aber irgendetwas in der Gestik, in der Zielgerichtetheit der Schritte,
bescherte ihr schreckliche Gewissheit".
Und noch ein zweiter Mensch hat währenddessen Blomkvist verlassen. Einer, der
zu seinem "Straßenbild" dazu gehörte. Einer der Obdachlosen der
Stadt, einer, der auffiel, der anders war, bei dem unter allem Dreck der Straße
und bei allen Merkwürdigkeiten im Verhalten noch anderes zu spüren war. Einer,
dessen Leiche gefunden wird mit einem Zettel mit Blomkvist Telefonnummer in der
Jackentasche. Was nicht unbedingt viel heißt, denn bekannt ist der Journalist
ja vielen Menschen, aber mehr und mehr schwant Blomkvist, dass da mehr
dahinterstecken könnte. Nachdem er angefangen hat, ein wenig zu recherchieren,
eher allerdings aus dem Impuls heraus, einen Menschen nicht einfach einsam und
namenlos aus der Welt verschwinden zu sehen.
Und während sich Blomkvist mehr und mehr in diesem Todesfall verliert, Spuren
ihn scheinbar auf den Mount Everest, zumindest auf des entfernte Nepal hin
verweisen und Salander weit entfernt in Russland ihre Fäden zieht und sich
ihrer verhassten Schwester dabei zu stellen gedenkt, zieht sich auch ein erst
nur hintergründig erahnbares, bald aber deutlich spürbares Netz der Gefahr vor
allem um Blomkvist zusammen.
Was, wie könnte es anders sein, Lisbeth Salander auf den Plan rufen wird. Denn
eng mag ihre Beziehung zu Blomkvist im Alltag nicht sein, aber weitgehend
untrennbar ist das Band, dass sie mit dem Journalisten nach all den gemeinsamen
Erlebnissen verbindet. Bis dahin zumindest. Denn nach vielfältigen Gefahren,
harten Auseinandersetzungen und gar einem abgebrannten Kinderheim folgt ein
Schlussstrich, soviel sei vorweg verraten. Denn dies ist der dritte und letzte
Band, den Lagercrantz der ursprünglichen Trilogie nun beigesteuert hat.
Fazit
Eine durchaus spannende und anregende Lektüre, die allerdings nicht mehr ganz
so frisch, innovativ und neu wirkt, wie es ehedem die ersten Bände in sich
trugen. So kann man dann, nach einer unterhaltsamen Lesefreude, Blomkvist und
Salander dann doch auch gut "Lebewohl" sagen.
Vorgeschlagen von Lesefreund
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veröffentlicht am 03. Dezember 2020 2020-12-03 15:52:07