Schleimige Morde
Lilienblüten in Massen. Und ebenso Weinbergschnecken in Massen. So findet Nils
Trojan die erste Leiche vor. Und auch wenn der Mann kaum mehr kann. Mental,
nichts anders als ein Sabbatjahr möchte. Keine Zeit zu atmen, Überstunden bis
zum abwinken und von morgens bis abends konfrontiert mit den dunklen Seiten des
Lebens. Und zu allem Überfluss ist noch ein Kollege überfällig, dessen Urlaub
doch gerade jetzt beendet sein sollte.
Massig also dunkle Gedanken und Unausgeglichenheit in und für Nils Trojan. Was
den Kommissar natürlich in keiner Weise hindert, sich mit Vehemenz den
Ermittlungen um die getötete und aufwendig "aufgebahrte"
Radiomoderatorin Nora zu widmen. Mit zunächst kaum Ergebnissen, was diesen Mord
angeht. Der im Übrigen nicht der einzige bleiben wird in kurzen Abständen. Und
immer spielen Schnecken eine gewichtige Rolle. Wobei der Leser von Beginn an
mehr weiß, als Nils Trojan und auch im weiteren Verlauf der Lektüre baldigen
Opfern und bedrohten Personen folgen kann durch die verschiedenen
Perspektivwechsel, die Bentow in den ruhigen Fluss seiner sich langsam in der
Spannung steigernden Geschichte einbaut.
Ein Mörder, der gut beobachtet. Der nichts ohne Grund beginnt. Der als Kind zu
Schnecken ein besonderes Verhältnis hatte und traumatische Gewalt mitansehen
musste. Wer aber könnte in der Gegenwart der Täter sein? Verdächtige tauchen
durchaus einige auf und wenn dann eine der Protagonistinnen in ihrer inneren
Unruhe Zuflucht in der Mondscheinsonate sucht, die sie hervorragend spielen
kann, dann wird langsam klarer, für wen das Stück noch Bedeutung haben könnte
und wo und bei der Täter das Klavierspiel gelernt hat. Und warum Stimmen von
Bedeutung sein könnten, genauer gesagt, Stimmlagen. Dass dabei Steffi, die
Ermittlungspartnerin und Stütze von Nils Trojan ins Visier geraten wird und das
am Ende die Zeit überaus drängt, darauf arbeitet Bentow überzeugend hin und
enttäuscht mit dem Finale dann auch in keiner Weise.
Fazit
Ein wenig zu ruhig ist allerdings im Verlauf der Lektüre hier und da der
Erzählstil, wie ebenso die zentrale Rolle der Schnecken sich dem Leser am Ende
nicht völlig überzeugend erschließt. Zumindest dürfte es in den
Bekanntenkreise nicht sonderlich verbreitet sein, dass Menschen sich Schnecken
als "tröstende Schoßtiere" halten.
Im Gesamten aber legt Max Bentow einen atmosphärisch stimmungsvollen und mit
eigener Note versehenen Thriller vor, der für eine anregende Lektüre sorgt.
Vorgeschlagen von Lesefreund
[Profil]
veröffentlicht am 25. September 2020 2020-09-25 14:02:06