Nathaniel deSalis und Adam Salton kehren nach ihrer Expedition nach Tibet nach
London zurück. Auf einer Party treffen sie berühmte Persönlichkeiten wie den
Arzt Dr. Bell oder die jungen Schriftsteller Arthur Doyle und Abraham Stoker,
die eben ihre ersten Werke veröffentlicht haben. Ein Thema dieser Party ist
eine unheimliche Mordserie an Prostituierte, die das Londoner East End
heimsucht. Unterdessen lebt der ehemalige BND-Agent Berger schon seit elf Jahren
im 19. Jahrhundert und hat dort scheinbar seinen Platz gefunden. Doch dann wird
eine mysteriöse Ratssitzung einberufen und Berger wird klar, dass sich sein
Leben erneut gravierend ändern muss. Gravierendes steht auch bei den Nazis auf
dem Programm. Mit Hilfe des britischen Forschers Richard Byrd soll eine
Expedition die Arktis vorangetrieben werden, wofür der Führer eine rissige
Geldsumme bereitgestellt hat.
Vorsicht! Wer noch keine Folge dieser Serie kennt und überlegt, in die Serie
einzusteigen, kann spätestens hier das Lesen der Rezension abbrechen. Wie bei
kaum einer anderen Serie ist es bei "Die schwarze Sonne" zwingend
erforderlich, mit der ersten Folge zu beginnen, um im Ansatz alle
Handlungsstränge zu kennen und nachzuvollziehen. Wer seid dieser ersten Folge
dabei ist, wird in "Whitechapel" wieder mit einer Folge belohnt, die
ihresgleichen sucht. Der Titel deutet ja schon an, dass Jack The Ripper eine
Rolle spielen wird. Und was für eine. Geschickt werden alle bisherigen
Schauplätze bedient, wobei die Handlung um Adam und Nathaniel den größten
Teil einnimmt. Erste Mosaiksteinchen füllen das Puzzle und beim Hörer lichten
sich dadurch erste Nebelschwaden. Dafür werden neue Fragen aufgeworfen (z.B.:
Kommt Jack The Ripper aus der Zukunft?), die weiterhin dafür Sorgen, dass diese
Serie, was Komplexität und Anspruch angeht, unerreicht bliebt. Man muss
überaus aufmerksam bleiben, um alle Nuancen und verstecke Hinweise zu erkennen,
doch gerade das zeichnet diese Hörspielserie aus.
Dazu passend gibt es eine akustische Umsetzung, die ebenfalls hervorragend ist.
Egal ob man im East End Jack The Ripper jagt oder in einem Konferenzraum der
Nationalsozialisten ist, die Geräuschkulisse ist jedes Mal perfekt in die
Handlung eingebunden. Auch bei den Sprechern gibt es nur Positives zu berichten.
Christian Stark und Konrad Halver brillieren als Adam und Nathaniel. Reiner
Schmitt gibt hier sein Seriendebüt als britischer Forscher Richard Byrd,
welches ebenso gelungen ist, wie das von Kim Frank als Arthur Doyle. Mit sechzig
Minuten ist "Whitechapel" die bisher kürzeste Folge, die aber so
spannungsgeladen und abwechslungsreich ist, dass man sich förmlich nach der
nächsten Episode sehnt.
Fazit
"Die schwarze Sonne" setzt weiterhin Maßstäbe in Sachen komplexe und
gut durchdachte Hörspiele. "Whitechapel" untermauert eindrucksvoll,
dass man es sehr gut schaffen kann, eine überaus verschachtelte und Handlung
mit Fakten und Fiktion zu mischen. Der Hörer wird ordentlich gefordert, dafür
aber auch mit einem spitzenmäßigen Plot belohnt.
Vorgeschlagen von Michael Krause
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veröffentlicht am 12. September 2020 2020-09-12 15:54:26