Claus Schenk Graf von Stauffenberg (1907-1944) steht, mit großer Strahlkraft,
symbolisch für den Widerstand gegen das Hitler-Regime. Der 20. Juli 1944 ist
ein Gedenktag, der 75 Jahre zurückliegt, bezogen auf das Erscheinungsjahr des
Buches. Thomas Karlauf macht es sich zur Aufgabe, den Menschen Claus von
Stauffenberg zu porträtieren und die Ereignisse um den 20. Juli, durch eine
Vielzahl von Quellen gut belegt, zu interpretieren und kommentieren. Den Lesern
mag das Attentat und seine Hauptakteure in einem bislang unbekannten Licht zu
erscheinen.
Die Biografie beginnt mit einem Ereignis, das nicht ohne weiteres mit
Stauffenberg in Verbindung gebracht würde: dem Tod "des Meisters"
(gemeint ist der der Dichter Stefan George). Rasch wir klar, welche prägende
Rolle George im Leben einiger junger Intellektueller spielte und welch
nachhaltigen Einfluss er auch auf das Leben der Stauffenberg-Brüder hatte,
literarisch, menschlich und nicht zuletzt "ideologisch". Natürlich
geht es im vorliegenden Werk vorrangig um Claus von Stauffenberg, dessen Leben
vom Autor gekonnt biografisch der Leserschaft näher gebracht wird.
Die wesentlichen Lebenslinien und -ereignisse werden skizziert, wobei der Soldat
und Offizier Claus von Stauffenberg ins Zentrum der Betrachtung gerückt wird.
Und Claus von Stauffenberg ist überzeugter Soldat und lebt das Offiziersdasein
in tiefer Überzeugung. Mensch, Christ, Offizier und nicht zuletzt Familienvater
- wie passt das zusammen? Der inhaltliche Struktur führt den Leser
-weitestgehend einer historisch-chronologischen Ordnung folgend- durch die
wesentlichen Lebensstationen des Claus von Stauffenberg, bis hin zum zentralen
Ereignis: dem Anschlag auf Hitler am 20. Juli 1944. Einem Tag, der bis heute als
Gedenktag begangen wird.
Fazit
"Kaum ein Tag der deutschen Geschichte des 20. Jahrhunderts ist so oft
beschrieben, gedeutet, erinnert, bedichtet, verfilmt, dramatisiert, kurz: bis
auf den letzten Grund ausgelotet worden wie der 20. Juli 1944." (S. 309).
Zurecht möchte man sagen. Ist es doch ein Tag, der in seiner Vorgeschichte und
in Bezug auf die Hauptbeteiligten aussergewöhnlich ist. Dies zu beschreiben, zu
erklären und interpretieren macht sich der Autor der vorliegenden
Stauffenberg-Biografie zu eigen. Es ist ihm gelungen. Nicht moralisierend,
gleichwohl bewertend verfasst der Autor sein Werk. Gut belegt durch historische
Quellen gelingt ihm, in absolut positivem Sinne, ein kritisches Bild des
Hauptakteurs, Claus Schenk Graf von Stauffenberg zu zeichnen. Einerseits kratzt
es am Lack der Glorifizierung dieser mutigen Tat, andererseits würdigt es das
Vorhaben und ordnet die Motive des Widerstandskreises unter Berücksichtigung
historisch-gesellschaftlicher Betrachtungen ein.
Ein Buch, das aus meiner Sicht Fragen stellt und den Leser zu einem eigenen
Schluss ermutigt, zumindest aber, sich mit diesem Ereignis näher zu befassen.
Es lohnt sich, dies Buch zu lesen und vergleichend zu weiterer aktueller
Literatur zu nutzen (meine Empfehlung als Ergänzung zum Buch von Thomas Karlauf
möchte ich das Buch der Stauffenberg-Enkelin, Sophie von Bechtolsheim explizit
nennen).
Vorgeschlagen von Dietmar Langusch
[Profil]
veröffentlicht am 15. August 2020 2020-08-15 22:53:19