Edward Russell (Lord Russell of Liverpool) war Gesandter der Britischen
Rheinarmee und zugleich einer der Hauptrechtsberater der
Kriegsverbrechertribunale nach Ende des Zweiten Weltkriegs. Die umfangreichen
Recherchen führten ihn also in das Reich der Nazi-Kriegsverbrechen und
beförderten eine Vielzahl erschütternder Details ans Tageslicht. Das
vorliegende, neu aufgelegte Buch, erschien Mitte der Fünfzigerjahre aus dem
Englischen übersetzt, in beiden deutschen Staaten.
Der Inhalt führt dem Leser in schonungsloser Offenheit die unfassbaren
Grausamkeiten des Naziregimes vor Augen. Dabei wird auf zahlreiche Quellen
zurückgegriffen und immer wieder kommen Augenzeugen und Täter in Form von
Zitaten zu Wort. Beeindruckende Dokumente, die bis ins Mark erschüttern.
Inhaltlich führt Russell zunächst die Instrumente der Hitlertyrannei auf,
bevor er, Schritt für Schritt, Beispiele für die Schandtaten und Verbrechen
der Wehrmacht im Verlauf des Zweiten Weltkriegs aufführt. Der
"Umgang" mit Kriegsgefangenen, gleichgültig ob Land an Land oder auf
See, die Taten gegen die Menschlichkeit in Bezug auf die Zivilbevölkerung
besetzter Gebiete, Zwangsarbeit und natürlich der unmenschliche Umgang mit den
Inhaftierten der Konzentrationslager, lassen den Leser immer wieder aufs Neue
erschaudern. Unvorstellbar und unfassbar, wozu Menschen In der Lage sind.
Fazit
Das vorliegende, vom Westend-Verlag neu aufgelegte Buch, ist ein markantes und
einzigartiges Dokument. An verschiedenen Textpassagen gerät man ins Stocken und
mag nicht glauben, was hier authentisch beschrieben wird - leider kein
"Fake", sondern die ungeschminkte Wahrheit; Tatsachen eines
unglaublich unmenschlichen Kriegsgeschehens. Der Autor weist (zurecht) immer
wieder darauf hin, dass es in der Menschheitsgeschichte bislang keine
vergleichbaren Taten gegeben habe. Nun liegt das Ende des Krieges 75 Jahre
zurück. Menschen, die ihn selbst erlebt haben und somit authentische
Schilderungen von besonderer Qualität erbringen können, werden immer weniger.
Alleine von daher eine wichtige Mahnung zur rechten Zeit! Und: ich mag nicht
glauben, dass heutige Kriege mit einem geringeren Maß an Unmenschlichkeit
geführt werden.
Für die Nachkriegsgeneration, die (Gott sei Dank) ausschließlich Frieden und
Leben in einer Demokratie kennen gelernt hat und somit Vieles als vollkommen
selbstverständlich betrachten darf, ein Wachrüttler, eine eindringliche
Mahnung: Nie wieder!
Vorgeschlagen von Dietmar Langusch
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veröffentlicht am 05. August 2020 2020-08-05 07:55:00