Risiken und Chancen der Diversität
Migrations- und Mobilitätsbewegungen haben in den letzten Jahren zu Hauf
stattgefunden, innerhalb und außerhalb der Flüchtlingsströme aus den
Krisengebieten der Welt. Auch im Zuge des Zusammenwachsens der EU, der vielfach
stattfinden Internationalisierungen und Globalisierungstendenzen der Welt. Mit
einer sich entfaltenden Gemengelage, die in durchaus starker Spannung und
Reibung steht einerseits zur Notwendigkeit solcher Bewegungen (Facharbeiter,
benötigte Arbeitskräfte auf allen Ebenen der Wirtschaft) und ebenfalls
kultureller Reibungen und "Gesellschaften in der Gesellschaft", die
öffentlich diskutiert und als problematisch wahrgenommen werden. Denn mit den
Migrationsbewegungen entsteht eine Diversität in den Gesellschaften der
Migrationsziele.
Ein gewichtiger Grund, auch auf dem Hintergrund nicht immer gelingender
Integration von Seiten der aufnehmenden Gesellschaften her, sich den
entstehenden Grundfragen interdisziplinär zuzuwenden und damit auf Probleme und
Aufgaben breiter Natur auch breite Denkanstöße aus vielfachen Disziplinen
heraus zu geben. Was dieses Werk durchaus und durchgehend leistet. Und sich
dabei am Begriff der "Transkulturalität" entlang bewegt, der als eine
Art roter Faden durch die doch sehr unterschiedlichen und nicht in eine einfache
Struktur und Ordnung zu bringenden Perspektiven auf Migration und Diversität im
Werk erkennbar vorliegt. Ausgehend von der Frage, ob das alte
"Kugelmodell" zur Beschreibung nationaler Gesellschaften überhaupt
noch zu Grunde gelegt werden kann, ob "die gegenwärtigen Kulturen de facto
noch immer wie autonome Kugeln verfasst sind". Eine Antwort, die W. Welsch
im Werk grundlegend bereits verneint, der eine weitgehende bereits vorliegende
Mischungen und Durchdringungen der Kulturen konstatiert.
"Geflechte und Netze" stellen somit den aktuellen Stand kultureller
Realitäten dar, nicht mehr in sich weitgehend homogene, autonome
"Kugeln". Netze, die auf den Entwicklungen der Globalisierung und der
kapitalistischen, "raffinierten" Ausdifferenzierungen der Wirtschaft
beruhen. Eine Entwicklung hin zur Migration, die nicht zuletzt stark auf
ökonomischer Abhängigkeit und durchaus auch Elend beruht und in naher Zukunft
auch aufgrund der Folgen des Klimawandels an Geschwindigkeit noch rasant
zunehmen wird. Eine Tendenz, die beileibe nicht nur die Internationalisierung
des Konsums betrifft, sondern "sämtliche kulturellen Dimensionen
betrifft". Schon in diesen Grundüberlegungen wird deutlich, dass der
gesellschaftliche kulturelle Wandel nicht mehr langsam und "verdaubar"
vonstattengeht, sondern sich in massiven Schüben vollzieht, die tatsächlich
zunächst bestehende Gesellschaften und deren gewachsene Kultur massiv unter
Stress setzen kann und setzt.
Konstruktiv und positiv in diesem Prozess kann zunächst vor allem eines gesetzt
werden: "Interne Transkulturalität erleichtert den Umgang mit externer
Transkulturalität". Mit der möglichen konstruktiven Folge, individuell
auf Individuen zu reagieren und nicht bereits von Beginn an in Engführungen
durch nationalistische Zuschreibungen zu verharren. Wozu im Werk auch ein Blick
in die Geschichte bereits dienlich ist, denn Transkulturalität ist kein neues
Erleben. Wie auch die "Gegenbewegungen", die aktuell stark in die
Öffentlichkeit getreten sind, ebenfalls zu allen Zeiten bereits ihre
"Geschichte" hatten. Gedanken, die das Werk durch verschieden
kulturwissenschaftliche Perspektiven hindurch sorgsam und fundiert entfaltet,
von Spracherfahrungen über interkulturelle Psychologie hin zu anthropologischen
Universalien. Auf dem Weg, vielleicht, von "territorialen Paradigmen"
hin zu einer "Vereinbarungskultur".
Fazit
Ein strukturierte und sachliche Herangehensweise, die vieles zur Differenzierung
der aktuellen Diskussionen in sich trägt. Wenn man bereit ist, sich dem Thema
vorurteilsfrei und ohne ideologische Engführung her zu nähern. Um die Chancen,
aber auch die Risiken und Gefährdungen des Fakts der kulturellen Veränderungen
der Gesellschaften her abzuwägen.
Vorgeschlagen von Lesefreund
[Profil]
veröffentlicht am 07. Juni 2020 2020-06-07 14:20:55