Ein Anruf aus Deutschland bedeutet für Oberinspektor John Sinclair vom Scotland
Yard meist nichts Gutes. So auch diesmal. Sein alter Freund Harry Stahl bittet
ihn in einem dringenden Fall um Hilfe. Seine Lebensgefährtin Dagmar Hansen ist
nach einer mysteriösen Einladung spurlos verschwunden und in einem Gemälde
wieder aufgetaucht. John Sinclair, dem solche Phänomene nicht fremd sind,
begibt sich nach Berlin, um seinem Freund zu helfen. In einem Museum soll in
einer besonderen Ausstellung den Kuriositäten der Nacht gehuldigt werden und
John Sinclair ist sich sicher, dass die Lösung des Rätsels hier zu finden ist.
Allerdings ahnt er nicht, auf was er in diesem Fall einlässt.
"Nocturnas Nachtgespenster" ist ein Abenteuer um den Geisterjäger,
wie es im Verlauf der langlebigen Serie bisher nur einige Male vorgekommen ist.
Hier wurde nämlich ein echtes Ereignis verarbeitet. Wie der Autor Ian Rolf Hill
in seinem Nachwort schreibt, wurde er vom Museum für Kommunikation in Berlin
kontaktiert. Daraus entstand seinerzeit die Idee, die tatsächlich existierende
Ausstellung "Die Nacht. Alles außer Schlaf" zum Gegenstand des Romans
zu machen.
Eine Idee, die durchaus gelungen ist. Wie ich bereits öfter in meinen
Rezensionen geschrieben habe, ist Ian Rolf Hill derzeit der John-Sinclair-Autor,
der den Tonfall der Serie so trifft, wie man sie in den später 80ern und
frühen 80er genossen hat. "Nocturnas Nachtgespenster" erzählt eine
spannende Geschichte, die jedoch im Mittelteil einige Längen hat. Von
Spannungslevel hat Ian Rolf Hill schon bessere Werke geliefert, was aber auch
darin begründet liegt, dass er mit seinen Romanen die Messlatte ausgesprochen
hoch angelegt hat.
Stilistisch ist der Roman wieder richtig gut. Wer immer noch denkt, dass
Heftromane platte und einfache Schundliteratur sind, wird hier eines deutlich
Besseren belehrt. Gerade Ian Rolf Hill ist ein hervorragender Autor, der seine
Geschichten akribisch recherchiert (hier hatte er sogar die Gelegenheit in
Berlin vor Ort zu recherchieren) und der sich auch sprachlich auf einem
ausgezeichneten Niveau bewegt.
Fazit
Wer bei Geschichten dieser Art bisher die Nase gerümpft hat, kann mit
"Nocturnas Nachtgespenster" durchaus in die Serie reinschnuppern, ohne
den ganzen Kosmos der Reihe zu kennen, der sich in den Jahrzehnten aufgebaut
hat. Ein guter Roman, der sich auf einem äußerst ansprechen Niveau bewegt und
zudem die Ausstellung und das Museum in Berlin lesenswert in die Geschichte
einbettet.
Vorgeschlagen von Michael Krause
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veröffentlicht am 24. Mai 2020 2020-05-24 16:45:31