Ausgewogene soziale Marktwirtschaft contra radikal digitale Ansätze
Erst langsam, dann immer schneller, effizienter und sich in alle Bereiche des
alltäglichen und des Arbeitslebens hinein ausbreitend, so stellt sich der
"Siegeszug" der Digitalisierung im Lauf der letzten Jahrzehnte dar.
Was einherging und -geht mit den sich mehr und mehr herauskristallisierenden
"Big Playern" der Digitalisierung. Die, vielfach ausgehend vom Silicon
Valley, den großen Kuchen weitgehend unter sich aufgeteilt haben und mit
großer Konsequenz Markführerschaft, Marktherrschaft und die "digitale
Vermessung (und Verteilung) der Welt" bereits in sich vereinigen.
Kann ein eher auf Balance von Interessen ausgelegtes Gesellschaftssystem wie das
Deutschlands mit seiner immer noch (wenn auch bröckelnden) Idee einer
"sozialen Markwirtschaft" und gesellschaftlicher Balance überhaupt
gegen solch "entfesselte Kräfte" antreten? Eine Kontrolle digital
ausüben? Wo es schon an der Frage des Zahlens von Steuern der großen digitalen
Konzerne hapert? Eine Situation, der Kai Lucks sehr profund, gründlich, breit,
tief und in ruhigem Ton nachgeht und damit wichtige und fundierte Momente zur
aktuellen Diskussion leistet.
Das kleinteilig angelegte, 18seitige Inhaltsverzeichnis gibt da bereits die
Richtung des Buches vor. Alle nur erdenkbaren Bereiche und Teile der
Digitalisierung werden abgeklopft daraufhin, inwieweit in Deutschland zur (Mit-)
Gestaltung Potenziale, aber auch Hindernisse und Hemmnisse, Lernunwilligkeit
noch oder bürokratische Hürden im Raume stehen. Und das in der
"kritischsten Phase" der "allumfassenden Digitalisierung der
Wirtschaft", wie Lucks gleich zu Beginn treffend formuliert. Denn nicht
nur, dass manche große Weichen bereits gestellt sind, aktuell werden die
entscheidenden Weichen entwickelt, die es zu dringlich zu beachten gibt für die
lang- und mittelfristige Zukunft der Wirtschaft und damit für die
Gesellschaften in der digitalen Epoche.
Mitsamt dem kritischen Blick auch, den Lucks auf die nahe Vergangenheit wirft
und darin aufweist, wie weit vorne Deutschland auch mal war in den Anfängen der
Digitalisierung und wie weit das Land aber auch in manchen wichtigen Bereichen
schon zurückgefallen, überholt worden ist. Es geht also um "Rückstände
aufholen" und Lucks konzentriert sich auf mögliche Wege und deren
Voraussetzungen. Somit bietet das Werk vor allem konstruktive Ansätze neben
auch mahnenden Verweisen auf Versäumnisse und Hindernisse, so dass der Leser
mit vielfachen konstruktiven Ideen versehen der Lektüre folgen kann. Und
erhält zudem einen breiten Einblick in die "treibenden Technologien"
(natürlich nicht nur) des Internet und einer digital vernetzten Welt.
Wenn man dann lesen kann, dass ein Land wie China 300 Milliarden Dollar schon
bereit stellt, für die nächste Phase der Entwicklung und Europa als Gesamtes
20 Milliarden Euro bereit stellt und Deutschland für sich 3 Milliarden, dann
werden die drohenden Gefahren, endgültig abgehängt zu werden ebenso an den
Zahlen deutlich, wie die Schwierigkeiten, mit solch begrenzten Mitteln
überhaupt nur Rückstände aufzuholen. Wobei Lucks ebenso die Hoffnungen aber
erläutert, die darauf beruhen, dass Deutschland bei den Grundlagen und im
Fertigungsbereich durchaus noch "stark" ist. Und damit ein Ansatzpunkt
für aktuell notwendige und wichtige Schritte bereits ausgemacht werden kann.
Fazit
Eine interessante, teils natürlich technisch-trockene, immer aber überzeugende
und verständliche Lektüre, die jedem Leser zum Verständnis der "neuen
digitalen Welt" empfohlen werden kann.
Vorgeschlagen von Lesefreund
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veröffentlicht am 09. April 2020 2020-04-09 14:51:36