Um es gleich vorwegzunehmen: Dieser Roman ist ein tief berührendes Drama voller
Untaten und Greuel, aber auch voller Liebe und Hingebung, ohne dabei stets den
Funken Hoffnung aufzugeben. Gebert erzählt die Geschichte einer Liebe zur Zeit
der Naziherrschaft. Sie beruht auf Tatsachen und Dokumenten, die an manchen
Passagen der Dramaturgie wegen prima fiktionalisiert wurde.
Berlin der 1920er Jahre. Irma arbeitet als Verkäuferin im KaDeWe. Wegen des
frühen Verlusts ihrer Eltern sorgt sie für ihre jüngere Schwester Martha. Sie
haben es nicht leicht. Doch als Martha von ihrem Arbeitgeber schwanger wird,
kommt es noch härter. Der gibt zwar Geld für einen Schwangerschaftsabbruch.
Doch letztendlich mag Martha das Kind nicht beseitigen lassen. Irma kümmert
sich, sie sucht einen Arzt für alles und findet den hoch angesehenen
Gynäkologen Dr. Erich Bragenheim, einen Juden. Er steht den Schwestern
uneigennützig mit seinem Wissen und Taten zur Verfügung. Er hilft bei der
Entbindung und auch danach der jungen Mutter. Matha aber weiß von nun an aber
mit ihrem Kind nichts anzufangen. Wieder ist es Irma, die sich um Martha und
dessen Sohn kümmert, unterstützt von Erich. Denn es kommt zur großen Liebe
zwischen der Verkäuferin und dem Arzt.
Der Roman beginnt in den Trümmern von Berlin mit der Suche nach Erich. Anke
Gebert setzt sehr geschickt die tatsächlichen Gegebenheiten mittels
Rückblenden in das aktuelle Nachkriegsgeschehen ein. Nach und nach erschließt
sich dem Leser, was seit der Kindheit von Irma und Martha passiert ist.
Anhand des Schicksals von Erich und seinen Freunden und Verwandten wird die
Ächtung der jüdischen Bevölkerung, die bis dahin einfach nur Deutsche waren,
hautnah beschrieben. Das spart nicht die Verrohung der deutschen Bevölkerung
und ihre Dummheit, wie sie heute noch existiert, aus u nd hällt die Erinnerung
an die Greueltaten während der Naziherrschaft wach.
Die länger währenden, erzählenden Passagen werden aufgelockert durch aktuelle
Handlungen und Dialoge in der Gegenwart, die Zeit nach dem Krieg. In der
Handlung der Nachkriegszeit legt die Autorin den Spannungsbogen, der am Ende
aufgelöst wird. Auch wenn diese Auflösung bereits in einem abgebildteen
Dokument am Ende vorweg genommen wird, liest man das letzte Kapitel mit vollem
Interesse und wird emotional tief berührt.
Fazit
Die Fotos am Ende sind ein netter Zusatz, der mich aber nicht davon abgehalten
hat, mein eigenes Bild im Kopf von den Figuren entstehen zu lassen.
Ein sehr empfehlenswerter Roman, der an das Theaterstück und den Spielfilm
»Professor Mamlock« von Friedrich Wolf erinnert.
Vorgeschlagen von Detlef Knut
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veröffentlicht am 09. März 2020 2020-03-09 13:50:34