Noch während das jüngst erschienen Buch über die "Hasskrieger" der
rechten Szene zur Rezension von mir gelesen wurde, überholt ein weiteres Mal
die Realität die Theorie - leider! Das schreckliche Attentat von Hanau passt
exakt zum Titel des vorliegenden Buches und sorgt ein weiteres Mal für blankes
Entsetzen. Die Ermittlungen zu den Hintergründe und die Erkenntnisse über das
Umfeld des Täters sowie über die Vorbereitung der Tat stehen noch am Anfang;
dennoch wäre es durchaus nicht verwunderlich, würde der ein oder andere
Tatbestand nicht auch den Erkenntnissen dieses aktuellen Buches entsprechen.
Karolin Schwarz, junge freie Journalistin und sachverständig im Bereich rechter
Hetze im Internet, widmet sich im vorliegenden Werk insbesondere der Verbreitung
von Gewaltverherrlichung und Hetze auf digitalem Wege. Im ersten Kapitel
beschreibt sie das Werden der Kampagnen des Rechtsradikalismus in den frühen
Zeiten des World-Wide-Webs, bevor sie im darauffolgenden Kapitel auf
unterschiedliche Akteure eingeht.
Über die Strategien Angst, Hass und Untergangsszenarien wirkungsvoll
aufzubereiten geht es in Kapitel drei und darauffolgend eine ausführliche
Darstellung der Techniken (Social-Media Plattformen, Spiele- und Online-Gaming
Plattformen, Dark und Dark Social, alternative Plattformen und Hintergründe zur
Finanzierung der Aktivitäten). Um die Formen der Radikalisierung, die
Vorbereitung und Inszenierung geplanter Taten und schließlich den Reaktionen
des rechten Spektrums dreht es sich im fünften Abschnitt. Schlußendlich werden
Möglichkeiten in Betracht gezogen, mit Hilfe derer das menschenverachtende
Treiben zumindest eingedämmt werden könnte.
Fazit
Zweifelsfrei: ein brandaktuelles Buch, das die heute gängige Vorgehensweise von
Extremisten kompakt und dennoch eindringlich und nachvollziehbar beschreibt; im
übrigen auch für Nicht-Computer affine "Nerds". Wenngleich Karolin
Schwarz sich bei ihren Ausführungen ausschließlich auf die rechtsextreme Szene
beschränkt, darf davon ausgegangen werden, dass auch die Akteure anderen
politischen oder religiösen Extremismus sich identischer oder vergleichbarer
Handwerkszeuge bedienen. Nach der Lektüre ist der Leser auf einem aktuellen
Stand und gut informiert über die Verbreitungswege extremer Haltungen im
Internet.
Soweit so gut. Alle bisherigen Versuche, das Netz und insbesondere die sozialen
Medien (z.B. Facebook, Twitter, Instagram o.ä.) für Hetze auf den jeweiligen
Plattformen zu sensibilisieren, waren von begrenztem Erfolg. Somit sind auch die
Ansätze der Autorin am Ende des Buches als Denkanstösse zu verstehen. Und klar
wird auch: wir als "User" sind ebenfalls gefragt - auch wir brauchen
und dürfen nicht alles schweigend zur Kenntnis nehmen!
Vorgeschlagen von Dietmar Langusch
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veröffentlicht am 08. März 2020 2020-03-08 17:35:51