Ein Buch, das von einem Politik-Insider unmittelbar vor den Wahlen in Sachsen
und Brandenburg verfasst und durch das Ergebnis dieser Wahlen an Aktualität
bestätigt wurde. Es geht um das Thema "Demokratie", vor allem um die
Frage der Bürgerbeteiligung - also Demokratie an der Basis. Davon kann der
amtierende Bürgermeister der sächsischen Gemeinde Augustusburg "ein Lied
singen." Dirk Neubauer, der Autor des vorliegenden Buches, weiß wovon er
spricht. Als Bürgermeister einer ländlich gelegenen sächsischen Gemeinde,
wird er Tag für Tag mit vielerlei Fragen und dem Frust der Bürger direkt
konfrontiert.
In der ehemaligen DDR aufgewachsen, mit großem Enthusiasmus in das vereinte
Deutschland und die ersehnte Freiheit gestartet, beschreibt er in seinem Buch
Realitäten des heutigen ostdeutschen Daseins. Unzufriedenheit und Tristesse,
ein latentes Gefühl des "Abgehängtseins" lässt bei zahlreichen
Bürgern das Vertrauen in die Demokratie schwinden. Als Bürgermeister kämpft
er dagegen an und beschreibt, wie er in seinem Wirkungsbereich versucht,
basisdemokratische Teilhabemöglichkeiten zu schaffen, um die Menschen an der
Politik in ihrer Gemeinde, in ihrem direkten Lebensumfeld zu beteiligen. Lust
und Frust inklusive.
Die Entmutigung durch bürokratische Monster, die Verzahnung zwischen Bundes-,
Landes und Kommunalpolitik und das schwindende Vertrauen, in diesem Räderwerk
eine Möglichkeit der Veränderung zu haben und hierdurch demokratische Politik
an die Basis zurück zu bringen, das sind Forderungen, die laut werden. Dirk
Neubauer stellt Möglichkeiten vor, wie er dies in Ansätzen erfolgreich in
seiner Gemeinde in die Tat umsetzt. Er beschreibt "Besonderheiten" des
Weges in den neuen Bundesländern nachdrücklich und eindrucksvoll, dabei geht
es ihm aber ums Ganze: Entbürokratisierung, kurze Wege und Basisdemokratie um
Bürger einzubinden um unser politisches System wieder erfolgreich zu machen -
in ganz Deutschland!
Fazit
Ein hochinteressant geschriebenes Buch, voller Elan und Enthusiasmus pro
Demokratie! Damit reiht sich dieses Buch nicht einfach in eine große Reihe von
aktuellen Büchern ein, die der Frage nachgehen, wie vermeintliche Gefahren in
Bezug auf unsere freiheitliche Staatsform abgewendet werden könne. Hier werden
konkrete Ideen geäußert und Ansätze einer Basisdemokratie am praktischen
Beispiel aufgezeigt.
Nicht nur insofern ein lesenswertes Buch. Auch gelingt es dem Autoren, den Leser
zum Nachdenken anzuregen. Er beschreibt authentisch und gefühlvoll die Sorgen
der Bürger, die Besonderheiten des ländlichen Lebensraumes in den neuen
Ländern, und hierbei verzichtet er auf moralisierende Argumente. Insofern sind
seine Argumente eine gute Basis für eine Diskussion, die alle Bürger betrifft
und die den etablierten Parteien gewissermaßen einen Spiegel vor das geistige
Auge hält. Das Gemeinwohl muss an erster Stelle stehen!
Aus meiner persönlichen Sicht gibt es lediglich einen Kritikpunkt in der
Argumentationslinie. Als ehemaliger Journalist kritisiert der Autor die Medien,
insbesondere die Printmedien. Den Stellenwert, den er den Medien grundsätzlich
zubilligt, halte ich allerdings für strittig: (Buch, S. 108) "...Ich übte
mich in kritischer Draufsicht und in der Rolle des öffentlichen Kontrollorgans.
Das ist die Rolle, die eine freie Presse in einem Land spielen soll. Sie soll
die vierte Macht im Staate sein...."
Pressefreiheit stellt zweifelsfrei ein zentrales Element des demokratischen
Staates dar und demzufolge soll die Presse auch kritisch berichten und
kommentieren - aber die verfassungsgemäße Stellung als vierte Macht? Die
Gewaltenteilung, wie sie unsere Verfassung vorsieht, erscheint mir in Bezug auf
gegenseitige Kontrolle zielführend und keine weitere "Macht" sollte
sich selbst inthronisieren.
Vorgeschlagen von Dietmar Langusch
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veröffentlicht am 08. September 2019 2019-09-08 22:04:50