Düster
Da ist dieses Mädchen. Das von seiner Mutter in die Einöde Norwegens quasi
"verschleppt" wird. Eine Mutter, die, vor allem wenn sie ihre
Medikamente nicht nimmt, psychisch überaus instabil wird. Eine Mutter, die sich
ein Leben "ohne Mann" nicht vorstellen kann, die Versorgung braucht
und die nun, wo der Körper verblüht und viele Türen bereits zugeschlagen
wurden, sich mit Torbjörn behelfen muss. Der am Rande eines Sees einsam lebt,
nicht der sauberste Mann ist, aber wenigstens ein gutes Herz dem jungen Mädchen
gegenüber zu haben scheint.
Die, zum Glück, einen attraktiven jungen Mann vom Nachbarhof kennenlernt. Eine
Aussteigerwelt, in die dortige Familie mit ihren drei Kindern nach eigenen
Regeln und möglichst selbstversorgend lebt. In dieser Hinsicht, auch wenn der
Leser lange nicht ahnt, was dieser Teil der Geschichte mit dem vor drei Jahren
verschwundenen Mädchen zu tun haben könnte, scheinen Gut und Böse, Gefahr und
Schutz eindeutig verteilt zu sein. Denn Torbjörn scheint weitestgehend
gutmütig zu wirken, doch die ein oder andere Eigenart, der ein oder andere
Blick, wenn irgendjemandem zuzutrauen wäre, dass er dunkel Seiten in sich
trägt, dann scheint dieser Torbjörn dafür prädestiniert zu sein. Doch wie in
vielem in diesem düsteren Thriller, in dem Jackson die bedrängende Atmosphäre
und das "sich innerlich auflösen" eines Vaters bestens nachvollzieht,
bleibt nicht alles, wie es scheint. Auch wenn manches, wie die plötzliche
Ahnung der Mutter des vor drei Jahren verschwundenen Mädchens, aus dem Nichts
kommt und, zunächst, im Nichts auch wieder verhallt.
Was zu Lelle führt. Ex-Ehemann und Ex-Vater, der seit jenem Tag vor drei
Jahren, an dem seine Lina an einer Bushaltestelle verschwunden ist, die
Sommertage Norwegens dazu nutzt, das rundum Tageslicht auszunutzen und jeden
Ort, jede Hütte, jeden Weg neben der Hauptverkehrstrasse abzusuchen. Aber auch
wenn er mit einem der Polizisten eng vertraut ist, außer ihm glaubt niemand
dort, dass Lina noch einmal auftauchen wird oder ihre Leiche gefunden werden
kann. Bis noch ein Mädchen verschwindet. Eine Touristin. Mit großer
Ähnlichkeit zu Lina, wie Lelle findet. Und Meja, das junge Mädchen auf
Torbjörns Hof, Entdeckungen machen wird, die sie selbst in große Gefahr
bringen. Bis dahin, am Rande einer frisch ausgehobenen Grube stehen zu müssen.
Fazit
All das schreibt Jackson zwingend im Stil, mit klarem und konsequentem Verharren
auf den äußeren Hoffnungen der Menschen im buch und deren inneren
Bedrängungen, die jeder und jede der Protagonisten in sich trägt. Was nicht
immer einfach im Lesefluss ist und hier und da einfach fast zu viel wird an
düsterer Atmosphäre und zunehmender Verzweiflung, bzw. Weggleiten, was Mejas
Mutter betrifft. Und dennoch den Leser gespannt beim roten Faden hält, denn es
ist nicht schwer, sich in einen verzweifelten Vater hineinzuversetzen, dem seine
äußere Erscheinung und die alltäglichen Pflichten des Lebens zunehmend
entgleiten.
Bis hin zur überraschenden und kaum vorherzusehenden Lösung der Hintergründe
und des Schuldigen an diesem grausamen und zerstörerischen Geschehen. Eine
anregende, spannende, psychologisch dichte Lektüre, die rundweg zu empfehlen
ist.
Vorgeschlagen von Lesefreund
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veröffentlicht am 06. August 2019 2019-08-06 15:42:44