Der Anti-Terror-Einsatz des britischen Geheimdienstes in einer Bahnhofshalle
ging völlig schief. Es gab über 60 Tote, viele davon Polizisten und Agenten
des "Dienstes". Jake Winter wird zu der gescheiterten Operation vor
einem Untersuchungsausschuss befragt; denn Abu Omar, der sich dort in die Luft
sprengte, war Jakes V-Mann. Jake wirkt im Rückblick tief verunsichert, ob er
Abu Omar hätte trauen dürfen, einem Briten und IS-Heimkehrer, von dem man so
schön sagt, er hätte sich "radikalisiert". Ob Omar gläubig war,
kann Jake z. B. nicht einschätzen, ebenso wenig, ob Omar an Jakes Anordnungen
vorbei handelte oder ahnungslos in den Tod geschickt wurde. Im für die
Öffentlichkeit inszenierten Untersuchungstheater könnte Jake selbst zum
Bauernopfer werden, damit der Innenminister und seine Staatssekretäre ihre
Posten retten. Je länger Jake grübelt, umso windiger wirkt die Kooperation
nationaler und ausländischer Dienste im Kampf gegen islamistischen Terrorismus.
Wochen nach der Untersuchung haben Jake und seine muslimische Kollegin Leila
wieder einen Informanten aus einer Gruppe junger britischer Muslime angeworben,
die sich als islamistische Krieger begreifen. Der Fokus auf Adnan, Bilal, Rashid
und Abdullah und ihren Befehlsgeber mit dem Gehabe eines Scheichs vermittelt
intensiv die Motive der jungen Männer, aber auch die Gruppendynamik in
Abhängigkeit von Idolen und Anführern. Wie bereits in Jakes vorhergehender
Operation scheinen die jungen Männer sich auf einem Karussel zu befinden, von
dem ein Absprung in letzter Minute nur schwer vorstellbar ist.
Seit seiner Aussage vor dem Untersuchungsausschuss hat Jake Kontakt zu dem
älteren Ehepaar Masoud, deren Sohn und Enkeltochter bei der Aktion
Bahnhofshalle ums Leben kamen. Mr Masoud kannte Abu Omar schon als Kind – und
Mrs Masoud legt für eine bisher unauffällig lebende muslimische Ehefrau eine
überraschende Entwicklung hin.
Nicholas Searles komplexer Spionage-Thriller spielt an wenigen Tagen in einem
Dezember und fokussiert auf zahlreiche, extrem gut getroffene Figuren.
Rückblenden zeigen die Entstehung der Terrorgruppe, aus der ein V-Mann mit Jake
kooperierte. Als Milieufremder sucht Jake zwischen Wissen, Vermutung und
Instinkt nach Vertrauen in seine muslimischen V-Leute, ohne genau zu wissen, auf
wessen Rechnung er selbst arbeitet.
Fazit
Großes Kino mit Pulverdampf, junge Männer, die ein letztes Mal auf den Putz
hauen wollen, ein Katz-und-Maus-Spiel bis zur letzten Minute und psychologisch
überzeugend gezeichnete Figuren - volle Punktzahl.
Vorgeschlagen von Helga Buss
[Profil]
veröffentlicht am 22. Juni 2019 2019-06-22 09:52:39