Verschlungen, unterhaltsam, aber auch hier und da zu konstruiert erzählt
Vorweggesagt, der Titel passt perfekt zum Inhalt, denn am Ende geht es um reale
und geographische Wege, die eine harte Nuss zu knacken sind für Inspektor Jury
und seinen, wie immer meist griesgrämigen, Searganten Wiggins. Wer ist der
Mörder und wie hat er sich verkehrstechnisch bewegt, das ist nicht nur wichtig
für die Auflösung des Falles, damit beginnt zunächst der neue Jury auch. Denn
dass da einer vor einem elitären Spielclub in London ein attraktives Paar
einfach so erschießt und sich dann in aller Seelenruhe mit vorgehaltener Waffe
ein Taxi zu Waterloo Station nimmt, das ist schon außergewöhnlich.
Wie auch die Reisebegleitung des Mannes dann auf dem Flug nach Kenia. Was aber
ein Glücksfall für den wieder bestens in Szene gesetzten Krimi ist. Denn die
"Begleitung" entpuppt sich als nahezu "unverwüstlich",
clever und mutig, was sich bei Weitem nicht nur in diesem Fußmarsch in Kenia
bei Nacht erweisen wird, sondern für Melrose Plant, nach
"Anlaufproblemen" sowohl Hilfe als auch Inspiration darstellen
wird.
Denn dieser befindet sich in Kenia. Natürlich ohne es zu Anfang zu wollen. Aber
Richard Jury hat so seine Tricks, andere von "Notwendigkeiten" zu
überzeugen. Und sei es, Erz-Konkurrenten eben stattdessen anzufragen. Wobei
jener Trueblood natürlich auch eine wichtige Aufgabe übernimmt, die er auf
seine legere, coole, lässige Art mal wieder übererfüllt. Und so ist Jury
einem Täter auf der Spur, der ihn inmitten dunkler Geschäfte, erfolgreicher
Galerie-Besitzer, afrikanische Kunst und nicht einfache Familienverhältnisse
führen wird bis hin zu einem eigentlich nicht erreichbaren Pub in London, der
für Fahrer schwarzer Taxis eine Art Heimat darstellt.
Wobei es dem Werk, ehrlich gesagt, ebenfalls überaus gut zu Gesichte steht,
dass die privaten Lebensumstände Jurys, anders als im ein- oder anderen
Vorgängerband, bis auf humorige und etwas schräge private Bekannte, keine
sonderliche Rolle spielt sondern einzig und allein der Fall und die Wege der
Recherchen und deren Auflösung den roten Faden bildet. Was Grimes nicht
hindert, auch Nebengeschichten zu erzählen (wie die der Jugendzeit Trueblodds,
die sich aber jederzeit bestens zu lesen und als organisch ohne Brüche
eingefügt im Buch darstellen.
Ob nun Plant in Afrika mit seinen inneren Annäherungen und dem festen Vorsatz,
am Besten die ganze Kolonialgeschichte rückgängig zu machen, ob Trueblood im
Kasino mit geschickten Fingern, die an Rasierklingen intensive trainiert wurden
in der Jugend oder ob Patty, die Göre vom Londoner Flughafen, oder auch im
Blick auf viele Nebenpersonen (die Safari-Gruppe und andere), mit leicht
wirkender Hand setzt Grimes all diese Personen breiter oder konzentriert in
Szene, so dass im Gesamten eine lebendige Lektüre wie "mitten aus dem
Leben" erzählt entsteht.
Wobei die ein oder andere Begegnung (im Safari-Camp) doch recht konstruiert
wirkend erst zustande kommt und schon die ersten Szenen des Kriminalromans auch
ein stückweit gekünstelt vorliegen, denn im Ernst kann man kaum annehmen, dass
sich ein Killer in einem Taxi gemächlich durch halb London bewegt und
unbeschadet einen Bahnhof und einen Flughafen betritt, um in aller Seelenruhe
abzufliegen. Einer gewisse mit teils vagen Zufällen arbeitende polizeiliche
Untersuchung, deren Auflösung realen Situationen auch nicht in jeder Hinsicht
standhält.
"Richard, jetzt lesen Sie mir mal von den Lippen ab..." - "Wir
sind am Telefon".
Fazit
Mit trockenem Humor versehen und einer gewissen Leichtigkeit, einem
interessanten Fall und mit allseits auch unterhaltsam zu lesenden Ermittlungen
und Ereignissen ist das Buch durchaus eine gelungene Lektüre.
Vorgeschlagen von Lesefreund
[Profil]
veröffentlicht am 10. Juni 2019 2019-06-10 12:02:45