Auch über die konkrete Gruppe hinaus interessant
Auch wenn Pigorsch sein neues Werk der genannten, speziellen Berufsgruppe mit
ihrer speziellen Gefährdung durch den "inneren Kritiker" zuführt, es
ist ein durchaus allgemeines Erleben, dass vielfach der Mensch sich selbst
innerlich in gewissen Lebensphasen (bei manchen auch sehr grundsätzlich)
überaus kritisch gegenüber steht. "Das ist nichts", "Das wird
nichts", "Das war nichts", "Nur Glück gehabt",
"Hoffentlich merken die anderen nicht, dass da nichts dahinter steckt"
bis hin zu noch massiveren Abwertungen der eigenen Person und der eigenen
vergangenen und gegenwärtigen Leistungen kann dies führen und ausgewachsene
Situationen des Burn-Out oder der Depression nach sich ziehen.
Oder, wie es eine der professionellen Therapeutinnen im Buch formuliert:
"Ich glaube auch nach zwanzig Berufsjahren noch nicht, dass ich gute
therapeutische Arbeit leiste". Und die Fakten spielen da,
interessanterweise, gar keine große Rolle. Ebenso wie ja auch im allgemeinen
Leben meist gilt, dass hundert lobende Worte eine klare Kritik manchmal nicht
wettmachen können.
Da ist es ein schwacher Trost, dass dies auch die Fachleute für die Psyche
betrifft, aber durchaus eine große Hilfe, sehr strukturiert, fundiert und
verständlich im Buch nachvollziehen zu können, was hilft und wie es gelingt,
in der eigenen Arbeit und Leistung auch sich selbst innerlich anerkennen zu
lernen. Mit einem nicht unerheblichen Schritt auch versehen, die dunklen
Gedanken und das unbestimmte Gefühl einer Bedrohung durch "negativ
antizipierte Konsequenzen", die ja zunächst reine Fantasie sind, der
realen Betrachtung im therapeutischen Dialog zuzuführen, um für sich selbst
mehr und mehr Klarheit darüber herzustellen, was denn genau dieses
"irgendwie bedrohliche Gefühl" und den "Druck" ausmacht.
Vieles könnte sich bereits in einer solchen Reflexion klären, die natürlich
nicht der einzige Schritt in dieser Darstellung für die Praxis sind.
Fazit
Pigorsch betont die Notwendigkeit der eigenen Psychohygiene nachdrücklich und
legt ebenso wert darauf, mit diesem Werk keine wissenschaftliche Abhandlung
vorzulegen, sondern rein aus der Praxis für die Praxis seine Gedanken zur
Verfügung zu stellen. Eine Klarstellung, der das gesamte Buch entspricht und
damit umgehend den Leser hineinnimmt in die wichtigen Momente der eigenen Hilfe.
Mit dem Ziel, den "inneren Kritiker", der unangenehm nagt und teils
bedrohliche Formen annimmt, "ein gesünderes Auskommen zu finden".
Was Pigorsch mittels seiner Grundlage im "Ego-State-Begriff" zwar
nicht allein durch die Lektüre des Buches herstellen kann, aber mit diesem
wichtige und wertvolle Erkenntnisse, Erleichterungen und einen klaren möglichen
Weg in den Raum setzt, der motivierend zur Arbeit an der eigenen Person seine
Wirkung nicht verfehlt. Bis dahin, den "Gegenteiler" auch ins ich zu
finden und zulassen zu können, den "eigenen, inneren, liebevollen
Begleiter", dessen Gefolge das Erleben von "Verbundenheit" statt
von Trennung ist. Eine wichtige Lektüre, mit am Ende allgemeinem Wirkungsgrad.
Vorgeschlagen von Lesefreund
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veröffentlicht am 03. Juni 2019 2019-06-03 12:04:35