Die Autorin ist für ihre Romane mit italienischem Flair bekannt. So wundert es
nicht, dass auch dieser Roman über das Eiscafé Paradiso mit einem Background
in Italien daherkommt. Während die Haupthandlung im Rheinland der Gegenwart
spielt, geht es zwecks Vergangenheitsbewältigung in die 1960er Jahre zurück.
Vor dem inneren Auge entsteht das Bild einer Eisdiele mit radebrechendem
Personal mit italienischem Akzent.
Francesca war in der Eisdiele aufgewachsen und hatte den Kontakt zu ihren Eltern
vor vielen Jahren abgebrochen. Ihr war die Eisdiele zuwider, ihre Eltern hatten
nie Zeit für sie, sie musste im Geschäft mithelfen, machte dort auch die
Hausaufgaben. In der Schule wurde sie als "Itaker" beschimpft und
wegen ihrer Körperfülle gehänselt.
Susanne war nach der Geburt von ihrer Mutter zur Adoption freigegeben worden.
Ihre leiblichen Eltern hat sie nie kennengelernt, die Adoptiveltern hatten sie
stiefmütterlich behandelt. Auch sie brach den Kontakt ab und suchte sich eine
"Ziehmutter", Tilly, eine überaus gute Freundin mit einem behinderten
Sohn. Zusammen führen sie einen Antiquitätenladen. Als im Nachbarort eine
stillgelegte Eisdiele verkauft und aufgelöst werden soll, begegnen sich Sabine
und Francesca zum ersten Mal. Es wäre gelogen, wenn man jetzt behaupten würde,
dass diese Begegnung keine Folgen hätte.
Mir hat besonders diese spezielle Stimmung gefallen, die Rückblenden, die die
eine oder andere Erinnerung an meine eigene Kindheit hervorriefen. Die
bildhaften Beschreibungen der Autorin ließen das Geschirr in meinem Kopf
klirren, den Geschmack von Vanilleeis im Gaumen anklingen, die Gerüche von
Pasta in die Nase ziehen.
In Rückblenden erfahren wir, wie es zu der Eisdiele kam. Ganz allmählich wird
das Geheimnis um Susanne und Francesca, deren Herkunft gelüftet. Diesen
Spannungsbogen zu verfolgen, zieht mindestens oder gar stärker in den Roman als
die romantischen Abenteuer der Protagonistinnen. Denn gleich mehrere
Liebesgeschichten sorgen für zusätzliche Spannung, die es bequem macht, den
Roman in einem Rutsch durchzulesen. Und so manche Figur wächst dabei über sich
hinaus und sorgt für überraschende Wendungen. Zwei Figuren wuchsen mir dabei
besonders ans Herz. Lennart mit seiner geistigen Behinderung hat im richtigen
Moment den richtigen Sprüche auf Lager und sorgt in den unmöglichsten
Situationen für die nötige Portion Wahrheit. Gerstenberger hat es geschafft,
mich für diesen Mann einzunehmen. Die zweite Figur ist Dario, der mit dem
unverkennbaren italienischen Akzent spricht. Einfach spitze. Es macht Spaß,
seine Dialoge zu lesen und seine Worte im Kopf nachklingen zu lassen.
Fazit
Fazit: Liebenswürdige Figuren, die unheimlich ans Herz wachsen, Spannende
Fragen, deren Antworten man wissen will, Nebenfiguren die man hassen muss. Trotz
Streit und Konflikt präsentiert der Roman eine nette Atmosphäre. Beste
Empfehlung meinerseits.
Vorgeschlagen von Detlef Knut
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veröffentlicht am 15. Mai 2019 2019-05-15 11:37:20