Sind wir wirklich (immer) die Guten? Das ist die zentrale politische Frage, der
die Autoren mit ihrem jüngst erweiterten und neu aufgelegten Buch nachgehen
möchten. Sie betrachten die Kehrseite einer medial inszenierten Medaille, bei
der die Russen,und allem voran ihr Präsident Putin, stets die Bösen sind.
Weil: wir sind ja die Guten...
Das Zentrum der Betrachtungen stellt der seit 2014 gärende Konflikt in der
Ukraine dar. Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion erhielt die Ukraine ihre
staatliche Souveränität, wie viele andere ehemalige Sowjetrepubliken auch. Ein
kurzer Blick in die Historie der Ukraine zeigt, dass es zuvor selten einen
eigenständigen Staat "Ukraine" gab. Der Konflikt wird sodann in den
folgenden Kapiteln unter verschiedenen Aspekten in Betracht genommen:
"Staatsstreich" durch eine Revolution mit dem Ergebnis: ein dem Westen
wohlgesonnener Politiker kommt an die Macht. Die Machtbereiche des Westens,
allen voran der USA, rücken somit noch näher an die Grenzen Russlands heran.
Die Aktivitäten westliche Dienste im Hintergrund spielen hierbei eine
bedeutende Rolle und werden als wesentlicher Faktor für den Konflikt zwischen
West- und Ostukraine ausgemacht, ebenso wie die Annexion der Krim durch
Russland. Um Wahrheit und Wertegefüge geht es daher nur vordergründig, in
Wirklichkeit tobt ein Kampf um Macht und wirtschaftliche Interessen.
Insbesondere die USA, und in deren Schlepptau die getreuen Staaten der EU,
wollen ihren Einflussbereich vergrössern. Schließlich soll die Ukraine der
NATO beitreten können, ebenso über kurz oder lang auch der Europäischen
Union.
Den großen und einflussreichen Medien stellen die beiden Autoren an keiner
Stelle des Buches ein gutes Zeugnis aus; zu einseitig ihre Berichterstattung, in
der die Rollen eigentlich immer vorgegeben sind. Da wird dann konsequenterweise
auch Partei ergriffen, wenn es um vermeintliche Verbrechen geht. Aber: wer
trägt die Schuld am Abschuss des Fluges 17 der Malaysia-Airline oder wer
verübte den Anschlag auf den Ex-Agenten Skripal und seine Tochter? Für die
westlichen Staaten und die einflussreichen Medien keine Frage: Russland.
Schlussendlich wird die Rolle der USA auf dem Weg zur Wahl Donald Trumps unter
die Lupe genommen. Was ist dran am "Russiagate"?
Fazit
Das Anliegen des interessant geschriebenen und durch seinen leicht lesbaren Stil
gut und rasch durchzuarbeitenden Buches darf als erfüllt angesehen werden: Wir
müssen uns hinterfragen, ob wir stets auf der Seite des Guten stehen - besser
vielleicht noch ausgedrückt: ob Russland stets die Inkarnation des Bösen
darstellt, mit einem despotischen Präsidenten an der Spitze.
Die Argumentation der Autoren nimmt das Handeln der USA und der Westmächte in
Bezug auf wichtige Machtfragen genau unter die Lupe und bewertet sie - zumeist
eher negativ. Das Vorgehen Russlands unter der politischen Führung Putins
bleibt bei den Betrachtungen allerdings zumeist unbewertet und wird nicht
kommentiert. Russland kommt sozusagen eher indirekt vor: als Zielscheibe für
die westlichen Staaten. Da fehlt es allerdings an Ausgewogenheit und so manche
Argumentation wird dabei überstrapaziert und subjektiv zu Ungunsten der
NATO-Staaten beschrieben.
Einem Gedanken möchte ich freilich Fall folgen: Europa und die Europäische
Union müssen sich emanzipieren. Das transatlantische Bündnis erfüllt seinen
Zweck, was jedoch nicht heißt, dass die Partner in unterschiedlichen Bereichen
nicht auch unterschiedliche Ziele verfolgen. Das war schon bislang so und wird
sich unter der Präsidentschaft Donald J. Trumps wohl kaum entschärfen.
Vorgeschlagen von Dietmar Langusch
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veröffentlicht am 25. April 2019 2019-04-25 22:34:25