Als die Rote Armee 1945 in die Region Neubrandenburg einmarschiert, nehmen sich
viele von den sogenannten Befreiern vergewaltigten Frauen das Leben. Auch die
junge Magda Schlottwitz fühlt sich nur noch wie ein Körper, den sie mit ihren
Händen zusammenhalten muss. Sie und ihre Mutter werden zusammen in den Fluss
gehen – aber was wird dabei aus Magdas kleinem Bruder Frieder, den sie an der
Hand hält?
In der Gegenwart ist Michael Herzberg zur Kripo Neubrandenburg versetzt worden,
weil er gegen einen Kollegen ermittelt hat, der aufgrund von Herzbergs
Ermittlungen einer Straftat überführt wurde. Herzberg wurde im ersten Band der
Reihe als psychisch belasteter Ermittler eingeführt, der noch mitten in der
Trennung von seiner körperbehinderten Frau steckt. Mordermittler wurde Herzberg
aufgrund seiner Erlebnisse in DDR-Haft, diese Haft dauert emotional für ihn
noch immer an. Dass der strafversetzte Herzberg im neuen Team nicht gerade mit
offenen Armen aufgenommen wird, wundert kaum.
Im aktuellen Fall wird ein hoch betagter Mann beigesetzt, für dessen Tod
aufgrund von Alter und Vorgeschichte voreilig eine natürliche Todesursache
bescheinigt wurde. Herzberg kommt in jeder Hinsicht zu spät; denn er wollte den
alten Herrn als möglichen Zeugen wegen einer Sachbeschädigung befragen. Dass
der Tote zuhause sorgfältig gewaschen und das ganze Haus geputzt wurde, wirkt
unter den veränderten Umständen verdächtig. Nicht nur in diesem Haus, im
ganzen Dorf soll der äußere Frieden mit aller Macht erhalten werden. Deshalb
sollte Schröter schnell und unauffällig unter die Erde gebracht werden.
Magda Schlottwitz ist inzwischen über 80 und wird, vermutlich durch eine
Demenzerkrankung, von Ängsten vor dem Fluss und einem schwarzen Mann
heimgesucht. Magdas Ängste könnten aber auch Symptom einer zusätzlichen
psychischen Erkrankung sein. Magda ist die letzte Zeitzeugin ihrer Generation,
nur welche der Erzählungen einer dementen Zeugin kann Herzberg verwerten? Er
war ja noch nicht geboren und kann deshalb die Zusammenhänge nicht kennen,
meint Magda. Magda Schlottwitz steht für eine ganze Generation, die in der
Nachkriegszeit ihre traumatischen Erlebnisse verdrängte und die im Alter
wieder von ihnen eingeholt wird. Und was auf Schröters Dachboden war so
wichtig, dass der Container für die Entrümpelung sofort abgeholt werden
musste?
Claudia Rikls zweiter Krimi spielt in einer Gegend, deren Bewohner stets damit
rechnen, dass die Polizei nicht oder erst sehr spät ausrückt, wenn sie gerufen
wird. Eine Kollegin von Herzberg erlebt das höchst bedrohlich am eigenen Leib.
Die Ermittlungen zu einem aktuellen Fall führen wieder weit zurück in die Zeit
des Nationalsozialismus und zur Zwangskollektivierung in der DDR. Ohne das
Wissen, wer früher was besaß und welche Funktionen ausübte, ständen die
Ermittler auf verlorenem Posten. Rückblenden sorgen für Spannung; denn man
hofft darauf, dass das Schicksal des kleinen Jungen aus dem Fluss aufgeklärt
wird.
1. Das Ende des Schweigens
Fazit
Liebevoll gezeichnete Figuren aus mehreren Generationen treffen aufeinander,
sorgfältige Recherche und ein komplexer Plot fügen sich zu einem für
zeitgschichtlich Interessierte sehr empfehlenswerten Krimi.
Vorgeschlagen von Helga Buss
[Profil]
veröffentlicht am 26. März 2019 2019-03-26 10:28:41