Eine ächzende Welt
Kaufen, erwerben, konsumieren, Immer mehr, zumindest jedes Jahr um ein, zwei
Prozent mehr. Zum Überleben auf der einen Seite der Welt, zur Unterhaltung und
zur Erleichterung des Alltags auf der anderen Seite der Medaille.
"Wachstum" als Gesetz fast, dem Wirtschaft und Politik, aber auch ein
hoher Teil der Menschen an sich, gebannt und wie gefesselt folgen, eine Formel
von ständig nötigem Wachstum, die unveränderlich wirkt und doch, das gebietet
alleine schon die Logik eines begrenzten und in sich geschlossenen Systems wie
das des Planeten Erde, gar nicht unendlich fortgesetzt werden kann. Wie von
Wuntsch ruhig, sachlich und überzeugend nicht unbedingt als neue Erkenntnis,
aber doch in umfassendem Zusammenhang in seinem Werk darstellt.
So könnte man vermuten, es geht aktuell darum, das System solange wie möglich
am Laufen zu halten. Weil die Alternativen fehlen oder nicht genügend bedacht
werden? Angesichts eines ökologisch massiv vernehmbaren Ächzens des Planeten
an sich, angesichts von Mikroplastik im Meer, angesichts des Klimawandels, aber
auch innergesellschaftlich der zunehmenden Spreizung zwischen "Reich"
und "Arm" über die Gruppe der "irgendwie durchkommen"
türmen sich die Warnzeichen und Probleme eigentlich unübersehbar am
Horizont.
Und Widderstand und Kritik lassen sich demzufolge ja auch durchaus hören und
nehmen in der Breit und Tiefe zu. Doch gibt es Handlungsmöglichkeiten der
Politik und/oder einzelner Menschen oder Gruppen angesichts einer globalen
Verzahnung der Wirtschaft, der fast unerschöpflich wirkender materieller
Ressourcen weltweiter Konzerne und damit einer hohen Macht auf die Abläufe der
Welt? Mitsamt einem drohenden Risiko, beim Infragestellen oder gar Verlassen des
Systems des Kapitalismus mit seiner sklavischen Wachstumsorientierung zunächst
einer Form des Chaos, Massenarbeitslosigkeit, gesellschaftlichen Krisen die
Türen zu öffnen, wo jetzt schon vielfache Strömungen die Stabilität moderner
Gesellschaften (vor allem der demokratischen) aushöhlen?
Was von Wuntsch umgehend mit den ersten Sätzen seines Werkes in den Blickpunkt
rückt und alleine schon in der Darstellung der gegenwärtigen
"Handlungen" an den Börsen der Welt samt dem stärker werdenden
"Hochfrequenzhandel" fundiert aufweist. Dass solides Wirtschaften und
ruhige Betrachtungen von Chancen und Risiken mehr und mehr einer
"Lotterie" gewichen sind mit vielfachen Verwerfungen auch auf der
Produktseite, die eher die Illusion von solidem Wirtschaften auf festem Boden
erzeugen, als diese wirklich in sich abzubilden.
Mit, vor allem, mehr und mehr und vielfachen "Verlierern im globalen
Wettbewerb" und damit einem sozialen Sprengstoff, der sich,
augenscheinlich, mehr und mehr auf eine Entladung hin zubewegt. Angesichts der
wachsenden Ohnmacht gegenüber einem "Terrain des Geldkapitals", das
nicht nur die Börsen und Konzerne beherrscht, sondern mehr und mehr unverhohlen
eigennützige Regeln aufstellt und durchsetzt gegenüber "dem jeweiligen
Volk" und den jeweiligen politisch Handelnden. Mit vor allem jener
Veränderung, die von Wuntsch im Vorwort benennt: Wichtig ist nurmehr die
Investition und, vor allem, die möglichst schnelle und gesicherte Rendite. Der
Weg zwischen Investition und Rendite, auf dem in früheren Zeiten eben jener
Rendite Wert tatsächlich erst erschaffen wurde, ist zunehmend uninteressant und
soll so stark wie möglich verkürzt werden. Was in der Analyse überzeugend
argumentiert vorliegt und in der Darstellung möglicher (und notwendiger)
Alternativen im letzten Kapitel des Buches durchaus anregende und interessante
Ideen vorstellt.
Fazit
Insgesamt eine interessante und informative Lektüre, die nicht unbedingt das
Rad neu erfindet, aber bekannte Argumente mit weniger bekannten verknüpft und
ein in sich Geschlossenes Gesamtbild der Probleme und der notwendigen Schritte
zur Bewältigung an die Hand gibt. Was von Wuntsch mit vielfachen Quellen,
Statistiken und Analysen untermauert, die nicht lapidar von der Hand zu weisen
wären, sondern allgemein zugänglich sind und damit das Problem fundiert
beleuchten.
Vorgeschlagen von Lesefreund
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veröffentlicht am 18. März 2019 2019-03-18 12:17:12