Streiten kann so schön sein - und informativ! Die beiden Journalisten Jakob
Augstein und Nikolaus Blome streiten gerne. So wie sie es bislang im TV-Sender
Phoenix tun, suchen sie mit diesem Buch für ihre Diskussionen eine weitere
Möglichkeit der Präsenz. Eine gute Entscheidung!
Es geht um ein brandaktuelles Thema: Wie tickt unser Sozialstaat? Themen wie
soziale Gerechtigkeit, Armut sozialer Abstieg und die zunehmende Zahl von
Menschen mit Migrationshintergrund in Deutschland scheinen die Nation zu
spalten, zumindest haben sie das Potenzial dazu. Oben und unten haben die beiden
Autoren ihr Buch genannt. Aber: was heißt das eigentlich, wer ist oben, wer
unten in unserer Gesellschaft? Ist das System durchlässig, oder bringt es
ausschließlich Verlierer hervor? Wer trägt die Schuld an dieser vermeintlichen
Misere?
Fünf Abschnitte widmen die Autoren verschiedenen Themenbereichen, Betrachtungen
aus unterschiedlichen Perspektiven. Haben sozial Schwache die Chance eines
Aufstiegs und wie kann "der Staat" die soziale Frage (besser) in den
Griff bekommen? Hierzu streiten Augstein und Blome im ersten Kapitel. Sie
sprechen auch mit einem Experten auf diesem Gebiet: Jörg Hofmann, dem
Vorsitzenden der IG Metall. Diese grundsätzliche Herangehensweise an die
Fragestellungen behalten sie auch in den weiteren Kapiteln bei: Kontroverse
Diskussion oder voneinander getrennte Statements, sowie Gespräche mit
mindestens einer/einem sachkundigen Gesprächspartner*in.
Das Kapitel "Überfluss" widmet sich der Frage, ob es Eliten gibt
(oder geben soll), wie es um die Zukunft der Rente bestellt ist und, ob
permanentes Wachstum wichtig und richtig für eine stabile Demokratie ist. Die
Sicht eines Unternehmers ergänzt die Meinungen und Erkenntnisse der beiden
Journalisten. Gibt es Hoffnung für "die da unten"? Hat die Politik
die richtigen Handlungsweisen und gibt es heute noch eine politische Partei,
deren Klientel der "kleine Mann/die kleine Frau" ist? Infrage gestellt
wird auch das politisch beliebte "rechts-links-Schema", es scheint
seine traditionelle Berechtigung immer mehr zu verlieren.
Die beiden letzten Kapitel beleuchten die neuen Bundesländer mit ihren
spezifischen Problemen und deren politische, soziale und wirtschaftlichen
Auswirkungen auf die heutige Bundesrepublik und zuletzt wird die Frage
beleuchtet, welche Probleme aus der wachsenden Zahl an Menschen mit einem
Migrationshintergrund in Deutschland erwachsen können. Wie sollte "der
Staat" hierauf reagieren, im Sinne aller? Last but not least:
einabschließendes Resümee der Kanzlerschaft von Angela Merkel, der Kanzlerin,
die dem Land ihren Stempel "aufgedrückt" hat, die durch ihre leitende
Regierungsarbeit dem Land in das aktuelle Fahrwasser geführt hat.
Fazit
Mein Fazit: Streit ist in unserer Gesellschaft ein Begriff, der zumeist negativ
besetzt ist. Die beiden Autoren des vorliegenden Buches zeigen, dass der Diskurs
richtig und wichtig ist. Sie leben ihre eigene Streitkultur: provozierend,
teilweise geradezu trotzig, aber immer faktenreich und hochinteressant auf
bestem Niveau. Ja: Streit in diesem Sinne ist wichtig, erst recht in einer Zeit,
in der die Bürger unseres Landes nach Orientierung suchen. Sie zu finden setzt
kontroverse Meinungen geradezu voraus. Kontroverse Diskussionen mit dem Ziel
eine Verbesserung zu bewirken ist sozusagen das "Salz in der (politischen)
Suppe".
Die Autoren führen auf charmante, ironisch-unterhaltsame Art und Weise vor, wie
das gelingen kann! Absolute Leseempfehlung!
Vorgeschlagen von Dietmar Langusch
[Profil]
veröffentlicht am 12. März 2019 2019-03-12 07:40:07