Yaniv Maidan reist mit einer Gruppe von Kollegen aus Israel zur Cebit nach
Paris. Am Flughafen folgt er einer Frau im roten Kostüm, die den Ankommenden
ein Namensschild entgegen reckt. Als Yaniv nicht wieder auftaucht, fragt man
sich, warum ein junger israelischer IT-Fachmann in Paris entführt werden
sollte. Die USA werden hellhörig, in den sozialen Medien wird von Yanivs
Kollegen wie verrückt spekuliert. Sein Fall ist peinlich für die Stadt,
peinlich für den Flughafen und besonders für die israelische Fluggesellschaft,
deren Maschinen weltweilt unter scharfen Sicherheitsbestimmungen abgefertigt
werden. Das Ansehen der Geheimdienste beider Länder, ohnehin im Sinkflug, sackt
dramatisch ab.
In Tel Aviv muss zur gleichen Zeit die noch sehr junge Offiziersanwärterin
Oriana Talmor ihren gerade suspendierten Chef vertreten. Sein Nachfolger Zeev
Abadi befindet sich gerade in Paris, aber davon weiß Oriana nicht. Abadi ist in
Frankreich aufgewachsen und mit der Familie nach Israel ausgewandert. Ein Mann
mit Fachkenntnissen wie er wird von Geheimdiensten benötigt, auch wenn sie ihm
aufgrund seiner Herkunft nie völlig vertrauen werden. Kriminalrat Jules Legér,
der für den verschwundenen Yaniv zuständige Ermittler in Paris, muss sich mit
dem sonderbaren Fall herumschlagen und befragt als Augenzeugen der Entführung
genau den Zeev Abadi, der in Israel bereits zum Chef der Unit 8200 ernannt
wurde. Seltsame Zufälle gibt es. Jules Léger steht kurz vor der Pensionierung
und muss sich in diesem peinlichen wie brisanten Fall von seiner vorgesetzten
Behörde allen Ernstes die Ermittlungsrichtung vorschreiben lassen. Dov Alfons
Leser sind den Ereignissen stets um eine Nasenlänge voraus und fragen sich
bereits, was eine Gruppe von Chinesen so stark an Israel interessiert, dass sie
sich in einem Gebäude in der Nähe der israelischen Botschaft einnisten. Eine
wichtige Rolle spielt derweil in Israel Oriana, die mit Anfang 20 ihren durchweg
sehr jungen Rekruten (engagiert und ahnungslos) nur geringfügig an Erfahrung
voraus ist. Das Team um Oriana befasst sich fieberhaft mit dem Lebenslauf eines
Rekruten, der für einen langweiligen Posten in der Wüste einen Tick zu schlau
gewesen sein muss, während in Paris die Zahl der Toten rasant ansteigt...
Mit einer gehörigen Portion Ironie zeichnet Dov Alfon hier ein Bild von
Geheimdiensten, deren Spezialisten sich in erster Linie gegenseitig bei der
Arbeit behindern und in zweiter Linie dafür zu sorgen haben, brisante
Informationen vor der Staatsführung zu verbergen. Wer bewacht die Wächter,
entwickelt sich zur entscheidenden Frage. In einem trickreich verschachtelten
Plot, der nur gut 24 Stunden umfasst, werden Figuren und Details bis zur
streunenden Katze am Straßenrand in allen Einzelheiten beschrieben. Von
rätselhaft bis sympathisch treten Figuren für jedes Sympathiebedürfnis auf
und auch die technischen Möglichkeiten der "Schlapphüte" haben mir
viel Spaß bereitet. Ich sage nur Navran, die Body-Cam, die Wunderdinge
vollbringen kann.
Fazit
Intelligent - ironisch - sehr gut gemacht. Dov Alfon siedelt seinen
Geheimdienst-Thriller in Unit 8200 an, der Abteilung, in der er selbst diente.
Ein Buch, das ich besonders Lesern empfehle, die Sinn für Alfons bissige
Seitenhiebe auf die Welt der Geheimdienste haben.
Vorgeschlagen von Helga Buss
[Profil]
veröffentlicht am 19. Februar 2019 2019-02-19 09:30:15