Strikt analytisch und mit überraschenden Ergebnissen
Auch wenn die Erkenntnisse der Autoren es nahelegen würden, in den Teil der
Wissenschaft und der politischen Haltung einzubiegen, die sich mit Systemkritik
und klarer, kritischer Haltung gegenüber der "heiligen Kuh" des
immerwährenden "Zwangs zum Wachstum§" beschäftigen, die Autoren
umschiffen diese Hürde und bleiben ihrer selbstauferlegten Linie treu, nur
Fakten zu präsentieren und damit einem Phänomen auf die Spur zu kommen, dass
den Alltag der westlichen Zivilisationen (und vor allem den Duetschlands)
intensiv prägt. Das jährliche Starren auf die prozentuale Steigerung des BIP
und damit "der Wirtschaft". Wobei das entscheiden Wort
"prozentual" ist. Sobald das jährliche Wachstum unter eine bestimmte
Quote fällt, falls sogar droht, dass das BIP ein negatives Wachstum
(prozentual) verzeichnen könnte, schrillen allüberall Alarmglocken und das
Wort der "Krise" geht um, Just übrigens zum aktuellen Zeitpunkt
wieder im Verweis auf drohende "Einkommenslöcher durch minderes
Steueraufkommen".
Und umgehend werden wieder Reformen beschworen, den Gürtel enger zu schnallen,
dass eben alle "Opfer" bringen müssen. Eine Haltung, und das ist das
Perfide, das die Autoren aufzeigen, die zur "Dauerhaltung" geworden
ist, die seit Jahrzehnten die großen Linien der Politik, aber auch das
Selbstgefühl des "Volkes" kennzeichnet (der Erfolg stellt sich nie
ein, die Leistung reicht nicht, es geht den Bach herunter, es muss noch mehr an
gemeinsamem Opfer eingefordert und an Reformen auf den Weg gebracht werden,
damit die "Prozente" am besten nicht unter "2" sinken. Jedes
Jahr.
Womit die Autoren dieser Fabel (denn nichts anders ist es letztlich) auf die
Pelle rücken, ist die klare Definition, die Hinterfragung und die Realität des
"exponentiellen Wachstums". Was ja, schaut man rein auf das
prozentuale Wachstum, eine steile Kurve der wirtschaftlichen Entwicklung zur
Folge haben müsste nach einigen Jahren, wie beim "Zinseszinseffekt",
welcher der eigentliche Motor eines Vermögensaufbaus ist. Die nackten Zahlen
aber zeigen: Deutschland hat seit den fünfziger Jahren ein eindeutiges und
klares "lineares Wachstum".
"…wuchs die deutsche Wirtschaft in jedem Jahrzehnt um einen weitgehend
konstanten Betrag von 300 Milliarden Euro" Egal zu welchen wirtschaftlichen
Zeiten, ob Wirtschaftswunder oder stockende Entwicklung, die Kurve zeigt
gleichmäßig und gemächlich nach oben.
Wenn man das verstanden hat, dann wird auch klar, warum die Autoren im Titel von
"Scheinkrise reden und dies am praktischen Beispiels eines Vergleichs mit
der Türkei griffig vor Augen führen: Es kommt eben auf das Level an, von dem
man auszugehen hat.
"Wenn man die Türkei um ihre Wirtschaftskraft beneiden würde, ähnelt
dies dem Wunsch, mit jemandem zu tauschen, der nur ein Viertel so viel verdient,
wie man selbst, dafür aber gerade eine größere Gehaltserhöhung bekommen
hat.
Ein Prozent Wachstum macht eben eine ganz andere Summe aus, wenn man weiß,
wovon man ein Prozent mehr in der Tasche hat. So führt der ständige Verweis
auf die prozentuale Wirtschaftssteigerung nicht nur ein wenig, sondern völlig
in die Irre, denn Deutschland hatte 2005 das etwa vierfache BIP im Vergleich zur
"Wirtschaftswunderzeit".
Faktisch materiell geht es dem Land somit Bestens. Was kein Grund zur Entwarnung
ist, aber die richtigen Fragen stellt: Potentielles Wachstum ist, im Blick auf
den Planeten und die Konsumfähigkeit des Einzelnen schlichtweg nicht möglich
und kommt real auch nicht vor. Die Fokussierung auf prozentuale Steigerungen
lässt den Erfolg nebensächlich kaum in den Blick rücken und verbleibt im
"Krisenmodus" und der (durchaus gestalteten) Atmosphäre der
Unzulänglichkeit und damit der Furcht vor dem Abstieg. Wem das nutzt und warum
das so zentral im Blick der Politik und Wirtschaft steht, daran wäre
anzuknüpfen, um ein gedeihliches Auskommen und soziales Leben für alle zu
ermöglichen. Wenn dass denn ein Ziel wirklich ist.
Fazit
Eine interessante, erhellende, wichtige und durchaus überraschende Lektüre, in
der die Autoren Selbstverständlichkeiten der Betrachtung des Landes kritisch in
Zweifel ziehen.
Vorgeschlagen von Lesefreund
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veröffentlicht am 13. Februar 2019 2019-02-13 14:24:18