Mal genau getroffen, mal doch mit Längen
Philippiner fürs Putzen und die Sicherheit, Ukrainer tanzen und singen, und das
oberste "Unterhaltungsmanagement" kommt aus Österreich. Klar, nicht
sonderlich differenziert, aber das muss Kaminer auch nicht sein, wenn er
(eingeladen natürlich, den "Kreuzfahrer aus Leidenschaft", wie
Kaminer sich selbst bezeichnet) einmal selber teilnimmt an einem der
zahlenmäßig immer größer und wichtiger werdenden
"Urlaubsvergnügen" einer modernen Kreuzfahrt.
"Ich fragte mich, wie all diese Menschen wohl zu ihren Berufen gekommen
waren und wo sie gelernt hatten, so gut zusammenzuarbeiten".
Vielleicht mag hier die Antwort ganz einfach sein. Was die routinierte Enge für
die Mannschaften auf einem Kreuzfahrtschiff angeht und die, natürlich, immer
gleichen Routinen zur Versorgung und Unterhaltung der Gäste. Wobei jene Blick
hinter die Kulissen, die Kaminer in seinen Reiseerinnerungen auch wirft, zwar
nicht unbedingt völlig Neues an Erkenntnissen beim Leser hervorrufen, durchaus
aber leger in der Sprache und präzise in der Beobachtung auf den Punkt treffen.
Bis dahin, dass beim Zwischenstopp in Schweden die Touristenfolklore voll
zuschlägt beim Anblick schwedischer Verkäuferinnen.
"Siehst du, Ulrich, die sind alle echt. Ist das nicht toll"?
Wobei neben solchen treffenden Beobachtungen (und man weiß nicht, ob es einfach
eine ehrliche Seite des Buches oder eine schwache Seite ist), Längen auf
solchen Fahrten (und im Buch) vorkommen. Denn auch wenn solche Fahrten nicht
unbedingt Wochen dauern, es stellt sich doch Routine ein und der häufige Besuch
der diversen Gastronomie an Bord und das Suchen nach solchen verliert im Lauf
der Lektüre doch mehr und mehr an Reiz. Was auch auf manche Ziele zutrifft.
"Die Städte waren klein, die Straßen eng….mal hatten sie Links-, mal
Rechtsverkehr".
Kurze Eindrücke von Santa Lucia, klar als "Paradies" angekündigt,
was eher nicht hält, was man sich davon versprochen hätte (ein Eindruck, der
sich hier und da wiederholt, neben durchaus anregenden und sehenswerten
Ausflugszielen). Was wiederum zur obengenannten Gastronomie führt, denn hier
und da verfallen die Reisenden auf solchen Schiffen fast kollektiv einer
"Unlust an Paradiesen" und wenden sich dafür der Lust am (vor allem,
wenn "all-inclusive" gilt) leiblichen und alkoholischem Genuss zu. Was
in Teilen des Werks humorvoll und anregend zu lesen ist, in anderen Teilen doch
den Impuls zum raschen Weiterblättern in sich trägt.
Fazit
Dennoch, insgesamt eine durchaus anregende Lektüre, mal die weniger
hochglänzenden Seiten der "Traumschiffe" und ihrer Kreuzfahrten in
den Blick zu nehmen.
Vorgeschlagen von Lesefreund
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veröffentlicht am 29. November 2018 2018-11-29 14:04:45