Aufruf zum lebendig halten der Demokratie
"…und haben ein Gefühl, wie bei einer alten Tante, war schon immer da,
ist ganz okay, aber irgendwie auch anstrengend"?
Das trifft wohl den Punkt der Gegenwart, in der, gerade in den westlichen
Kulturen, für die aktuelle Generation Demokratie immer die Staatsform des
Alltags war. Geht schon, regiert schon jemand, bisschen lästig manchmal, aber
eben immer da. Ein Impuls, der natürlich historisch nicht stimmt, der nicht
wahrnimmt, wie intensiv die Kämpfe um die Freiheit des Einzelnen waren, dass
Demokratie zunächst immer den je herrschenden Mächten "abgetrotzt"
werden musste. Nun aber gerät, vielleicht das erste Mal in der Moderne (mit
Ausnahme des Untergangs der Weimarer Republik), die Demokratie das erste Mal
ernsthaft in Gefahr. Und der Blick auf das dritte Reich zeigt, welche brachialen
Folgen das nach sich ziehen könnte.
In sehr verständlicher, sprachlich direkter Form wendet sich Roland Kipke
fundiert und differenziert dem Zustand der Demokratie aktuell zu und bietet
zugleich dem Leser gehaltvoll Einblick in die "Fundamente" einer
stabilen Demokratie mitsamt dem mahnenden Appel, diese Staatsform und
Lebensordnung verantwortlich zu stützen. Denn ebenso, wie die Demokratie nicht
einfach "vom Himmel" gefallen ist, ist auch die Möglichkeit einer
Schwächung und Gefährdung der Demokratie ernst zu nehmen.
"Wir müssen uns vergewissern, was Demokratie eigentlich ist und sein soll.
Was unabdingbar zu ihr gehört und was auch anders sein kann" - womit Kipke
zu Beginn den roten Faden seiner Darstellung dem Leser in die Hand gibt. So
erläutert Kipke im folgendem überzeugend, was Freiheit, Gleichheit und
Menschenwürde mit Demokratie unabdingbar zu tun hat, führt breit ein in die
Vielfalt demokratischer Entscheidungen, verweist auf die Grenzen demokratischer
"Herrschaft" ("Das Gleichgewicht des Checkens" vor allem),
erläutert, warum Streit zur Demokratie notwendig dazugehört (inklusive starker
Medien und immer der intensiven Arbeit daran, sich "der Wahrheit" zu
nähern und dieser auszusetzen).
Wenn dann in den letzten beiden Teilen vor allem jene Kräfte benannt werden,
die Demokratie zusammenhalten (Volk, Solidarität, Teilhabe und Teilen, das
Verbindende hinter allem konkreten Streit suchen und verstehen) und der Blick
sich global erweitert (gerade auf jene Staatsformen, die weit entfernt von
demokratischen Prozessen schreiben), dann rundet sich dieser umfassende Blick in
bester Weise ab.
Fazit
So dass am Ende der Lektüre der Leser sehr genau verstanden hat, was
unveräußerliche demokratische Regeln sind, welche Gruppen demokratisch agieren
müssen, welche Gegengewichte es in einer Demokratie zur "Herrschaft"
bedarf und was der Einzelne tun kann (aber auch tun sollte), um die Demokratie
lebendig zu halten. Eine interessante und gehaltvolle Lektüre.
Vorgeschlagen von Lesefreund
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veröffentlicht am 27. November 2018 2018-11-27 12:57:01