Donald J. Trump und sein tagtägliches Auftreten aus der Nähe betrachten -
viele Menschen hätten hieran wahrscheinlich großes Interesse. Aus
unterschiedlichen Beweggründen: ist er wirklich so sprunghaft, aggressiv und
populistisch in seinen Äußerungen, oder gibt es da einen ganz anderen
Trump?
Politik-Insider und leitender Journalist der "Washington Post", Bob
Woodward, beschreibt den 45. Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika.
Auch diese "Biographie" des US-Präsidenten ist gleichsam aus der
Distanz geschrieben. Die leidenschaftliche Aversion gegenüber Journalisten,
erst recht, wenn sie von kritischen Medien kommen, machen es nahezu unmöglich,
Donald Trump außerhalb eines offiziellen Pressetermins zu erleben. So sind
Biografen auf eine möglichst hohe Zahl an Berichten und Interviews aus dem
nahen Umfeld Trumps angewiesen und ziehen hieraus ihre eigenen Schlüsse. So,
wie es Bob Woodward auch im vorliegenden Buch tut bzw. tun muss.
Einführend erklärt Woodward sein Vorgehen und warum der Leser getrost davon
ausgehen darf, dass es sich um authentisches Material für eine solide
Darstellung der Person Trumps in seinem Amt handelt. 42 Kapitel widmet er dem
präsidialen Alltag, den Gesprächen Trumps mit seinen Mitarbeitern und den
Befindlichkeiten aller "Mitwirkenden". Das Ranking der Günstlinge,
die Stellung und den Einfluss eigener Familienmitglieder (vor allem Jared
Kushner und Ivanka Trump), das Kommen und Gehen von Ministern und Beratern des
Präsidenten und natürlich sein Verhalten und Vorgehen bei den drängenden
politischen und wirtschaftlichen Themen der USA intern und im Verhältnis zu
anderen Staaten, hierüber informiert Woodward ausführlich und gut lesbar.
Er zeichnet ein Bild, das wenig schmeichelhaft ausfällt und mit einer gewissen
Sorge auf das Weisse Haus blicken lässt. Weltpolitik in einem Licht, in dem
nicht ausschließlich Machtverhältnisse und kühl berechnete Entscheidungen
eine Rolle zu spielen scheinen, sondern auch die Tagesform des Präsidenten und
die Achtsamkeit seines Mitarbeiterstabs. Donald Trump erscheint nicht nur als
politischer Kopf und Führer der USA, sondern als Person, die hinter allen
Kulissen auch gezielt gesteuert und geführt werden muss, um größeres Unheil
zu vermeiden. Ein eher ernüchterndes Bild für den mächtigsten Mann der Welt.
Fazit
Zweifelsfrei: ein umfangreiches Buch, das aufgrund seiner Schilderungen, die
erzählend und in Romanform geschrieben, das Lesen leicht machen. Auch Woodward
gelangt in seinem Werk über Trump zu einem verheerenden Urteil, ebenso wie auch
der Journalist Michael Wolf bereits vor ihm.
Je nach Position des Lesers wird er in seinen Vorurteilen gegenüber Trump
nachhaltig bestätigt, oder aber es entsteht der Eindruck eines weiteren
"Trump-Bashing". Biografien in Romanform geschrieben findet man auf
dem deutschen Markt sonst wenig bis gar nicht. In den USA scheint es, zumindest
wenn es um den gegenüber Journalisten unnahbaren Donald Trump geht, die Regel
zu sein. Somit bleibt bei mir eine Art "Rest-Unzufriedenheit", lernt
man doch einen Menschen aus einer populär-journalistischen Sicht kennen.
Wiederum fügen sich die Erkenntnisse durchaus gut in ein Bild, das entstehen
muss, betrachtet man die aktuellen politischen Entwicklungen, die durch die USA
geführt oder zumindest massgeblich initiiert werden.
Vorgeschlagen von Dietmar Langusch
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veröffentlicht am 22. November 2018 2018-11-22 07:53:18