Wie Organismus, Psyche und soziale Formen gekoppelt werden können
Ein überaus breites Thema ist es, dem sich Fritz B. Simon in diesem Werk
zuwendet. Und er vollzieht dies auf eine sehr detaillierte, teilweise
kleinteilige Art und Weise, die der Verbindung und den Wechselwirkungen zwischen
Person, Psyche und den sozialen Systemen umfassend nachgeht. Es sind die
"Wechselbeziehungen zwischen der Dynamik biologischer Prozesse, der
individuellen Psychodynamik und den Kommunikationsmustern in gesellschaftlichen
Systemen", die im Buch fundiert und gründlich untersucht werden und zu
Ergebnissen gebündelt dann vorliegen.
Dies vollzieht Simon strikt auf der Basis von Konstruktivismus und Systemtheorie
unter Berücksichtigung der Tatsache, dass jeder Mensch im Alltag mit
unterschiedlichen Bereichen der Wirklichkeit konfrontiert wird. Bereiche die je
unterschiedlichen Spielregeln und Logiken folgen und daher jeder Mensch die
Komplexität des eigenen Lebens eben nicht auf ein je einfaches
"Ursache-Wirkung Prinzip" reduziert werden kann. Gerade auch wenn
jeder Mensch oftmals energisch versucht (oder auch nur behauptet), die Dinge
seines Lebens einfachen Erklärungen und kontrollierbaren Rahmungen
zuzuführen.
Ungewohnt, aber für den Lesefluss passend und gut erklärt ist, dass Simon im
Werk auf Fußnoten und Quellenangeben verzichtet. Weil Simon nicht für sich in
Anspruch nimmt, völlig Neues darzulegen und "weil es mir gleichgültig
ist, ob das, was ich gedacht habe, vor mir schon ein anderer gedacht hat".
Was nicht bedeutet, dass Aufbau, Struktur und Arbeitsweise im Werk nonchalant
daherkämen. Überaus detailliert gliedert Simon die vielfachen Aspekte der
"Koppelung" und arbeitet, in sehr verständlicher Sprache, alle diese
Aspekte sorgsam heraus in einem "work in progress", heißt, ohne
Anspruch auf ein abschließendes und solitär stehendes Ergebnis.
Eine weitere Besonderheit der Form fällt dem Leser sofort ins Auge, wenn der
inhaltliche Teil beginnt. Simon schreibt in klaren, einzelnen Sätzen, die
durchnummeriert von vorne bis hinten zunächst ein ungewöhnliches Schriftbild
ergeben, die vielleicht der "eigenen Zwanghaftigkeit" geschuldet sind
(die Simon ebenfalls betont, eine Form aber, die nach einiger Eingewöhnung, das
Wiederfinden von, für den Leser je wichtigen, Inhalten sehr einfach
gestaltet.
So ergibt sich im Gesamten fast eine Art Lexikon der Begriffe von Kopplungen und
eine sehr strukturierte Betrachtung der Wechselwirkungen. Sei es, was Raum und
Zeit angeht, was Strukturen und Muster von Kopplungen betrifft, was im Blick auf
Selbstorganisation zu sagen wäre und die sorgsame Unterscheidung von Lebenden,
Sozialen, Psychischen Systemen mitsamt deren "Kopplungsverhalten"
betrifft. Mit wichtigen Erkenntnissen wie jener, dass die "Ganzheit des
Menschen von einem Beobachter nicht ganzheitlich erfasst werden kann"
aufgrund der unterschiedlichen Bereiche und Systeme eben, in denen je andere
Seiten des konkreten Menschen zum Vorschein treten.
Dass dabei die "Individualität" des Menschen in Körper und
Bewusstsein einerseits sich ausdrückt, vor allem aber eben durch die
verschiedenen sozialen Systeme bedingt ist, an welche sich die Person im Lauf
ihres Lebens "gekoppelt" hat oder hatte und zudem noch die
"Muster der Kopplung" ihre unverwechselbaren, individuellen Spuren
hinterlassen haben, ist nicht nur überzeugend dargestellt, sondern auch
überaus einsichtig für den Leser aufbereitet. Bis dahin, dass alle drei
gekoppelten Systeme Charakteristika "lernender Systeme" aufweisen.
Fazit
So entsteht im Gesamten eine Art Entwicklungspsychologie des Individuums in sehr
griffiger und nachvollziehbarer Form, durch die, nicht nur aber auch, die
professionelle Haltung in Beratung und Therapie bestens reflektiert und
verändert werden kann. Eine ungewohnte, ungewöhnliche, aber gehaltvolle
Lektüre, lässt man sich auf die besondere Form der Darstellung ein.
Vorgeschlagen von Lesefreund
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veröffentlicht am 26. September 2018 2018-09-26 11:48:09