In Kabul werden zwei Mitarbeiter der schwedischen Botschaft vermisst;
Forderungen von möglichen Entführern liegen bisher nicht vor.
Entführungsopfer werden in der Region häufig sofort in ein Nachbarland
gebracht oder weiter verkauft. Es muss also schnell und unauffällig gehandelt
werden. Amanda Lund von der schwedischen Reichskriminalpolizei als erfahrene
Unterhändlerin ist im Rahmen der ISAF-Mission zur Ausbildung afghanischer
Sicherheitskräfte im Land und beginnt sofort zu ermitteln. Sie will den Fall so
lange wie möglich gegenüber der schwedischen Öffentlichkeit verbergen, ist
in Afghanistan jedoch auf die Kooperation mit dem afghanischen Polizeiapparat
angewiesen. Sicherheitsmaßnahmen in der Botschaft waren praktisch nicht
existent, was möglichen Tätern sicher nicht entgangen ist. Schon bald stellt
sich ihr die Frage, was der schwedische Botschafter verheimlicht und wie weit
Amanda sich auf ihr Mentee, den afghanischen Kommandanten verlassen kann.
In Schweden wird inzwischen ein Toter aufgefunden. Noch ahnungslos, dass beide
Fälle zusammenhängen könnten, ermittelt die Abteilung von Amandas direktem
Vorgesetzten Bill Ekman (der ihren Einsatz in Afghanistan koordiniert) so
lustlos, als wolle sie die Ermittlungen boykottieren. Ihr Kollege Oskar hat
längst innerlich gekündigt und schleppt sich widerwillig durch seinen Beruf.
Die vorhandenen Spuren hat er damit bereits verwischt.
Anders als Amanda ahnen die Leser des Thrilles bald, warum der schwedische
Botschafter erpressbar sein könnte und wo das Motiv für die Entführung liegt.
Ein hochspannender Plot entwickelt sich aus der erzwungenen Zusammenarbeit von
einheimischen Polizeikräften und ihren ausländischen Beratern. Beide Seiten
können und wollen einander nicht trauen, jeder will einen Trumpf in der Hand
behalten.
Anna Tell ist Kriminalkommissarin und setzt sich im Einstiegsband ihrer Serie
sehr kritisch mit Einsätzen auseinander, die in Krisengebieten eine
einheimische Polizeiorganisation aufbauen sollen – durchaus gegen den passiven
Widerstand der einheimischen Polizei. Sie betont, dass ihre Figuren frei
erfunden wären. Indem die Autorin die schwedische Polizei als höchst
reformbedürftig darstellt, vermeidet sie, den Anfängerstatus der afghanischen
Kollegen besonders herauszustellen. Anschaulich stellt sie Sicherheitslecks aus
Bequemlichkeit oder Selbstüberschätzung heraus, letztlich die Fehlerkultur
einer kompletten Gesellschaft, die sich zu lange anderen Kulturen für
überlegen gehalten hat. Diese Kritik ließe sich weiterführen zu der Frage, ob
die Weltgemeinschaft sich bei der Afghanistan-Mission nicht von Anfang an selbst
belogen hat.
Band 2:
Nächte des Zorns
Fazit
Volle Punktzahl für den aktuellen Schauplatz, einen hochspannenden Plot, seine
plausible Auflösung und das lesefreundliche Layout des Romans.
Vorgeschlagen von Helga Buss
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veröffentlicht am 24. August 2018 2018-08-24 09:00:10