Erneut ein Thriller, der auf den britischen Inseln spielt. Abdi, Sohn
somalischer Einwanderer, und Noah, Sohn eines britischen Kriegsfotografen und
dessen Frau, sind beste Freunde. Die beiden Fünfzehnjährigen machen vieles
gemeinsam. Doch dann werden sie auf einem Schrottplatz am Rande des Meeres
gesehen. Sie stehen dicht beieinander auf dem Rand des befestigten Hafenbeckens.
Noahs Atem geht schwer und er fleht seinen Freund Abdi wegen eines Gefallens an.
Doch der geht auf Noahs Wunsch nicht ein. Im Gegenteil: Er will ihn davon
abhalten, etwas Unüberlegtes zu tun. Dann ist Noah plötzlich verschwunden. Die
Ermittlungen von Jim Clemo und seinem Team stecken fest. Abdi hat einen Schock
erlitten und hat seitdem Schrottplatz kein Wort mehr gesprochen.
Unheimlich geschickt führt MacMillan ihre Leser an der Nase herum. Jede
Handlung von Seite zu Seite scheint so plausibel zu sein, so
selbstverständlich, dass man unwillkürlich denkt: Warum hat der Roman denn
noch so viele Seiten? Es ist doch alles klar.
Doch diese Meinung muss man mehrmals revidieren und erst am Schluss wird klar,
was tatsächlich geschehen ist. Dabei erfährt der Leser kaum mehr als Detective
Inspector Jim Clemo. Durch die Verschachtelung der Handlung ist er dem maximal
wenige Stunden voraus mit seinem Wissen.
Was die Privatsphäre des Ermittlers angeht, hält sich die Autorin ziemlich
bedeckt. Zwar gibt es eine Schwester, deren Handlungsstrang tatsächlich rein
privat ist, aber schon Clemos Psychotherapie, mit der der Roman startet, und
seine Ex-Polizeipartnerin, die jetzt Kriminalreporterin ist, haben etwas mit den
Ermittlungen um das Verschwinden Noahs zu tun. Gerade Clemos jüngste
Vergangenheit führte dazu, dass er nach seinen letzten Fall zunächst wieder
ganz sanft mit einem "Vermisstenfall" im Job einsteigen sollte. Dass
das anders kommt, war ja auch für seine Chefin nicht absehbar, sondern nur für
die Autorin Gilly MacMillan.
Fazit
Spannung pur mit brisanten gesellschaftlichen Hintergrund. Top Empfehlung von
mir.
Vorgeschlagen von Detlef Knut
[Profil]
veröffentlicht am 21. August 2018 2018-08-21 09:27:32