Persönlich erzählte "Erleichterung" für das Leben
Einerseits ist Kristina Fischer ausgebildete Verhaltenstherapeutin (was die
fundierte Darstellung im Buch begründet), andererseits vor allem einfach Mensch
und Person mit Erfahrungen (was den lockeren Ton, die gute Verständlichkeit und
die Nähe zum Alltag im Werk hervorruft). Dass man damals, als Jugendliche,
alles und jeden ständig bewertet hat, dabei seinen eigenen Platz im Leben
suchte, die eigene Person ertastete und nicht selten den Eindruck hatte, dass
ein ziemlich großer Teil der Menschheit "verstört" ist (alle, die
nicht so waren, wie man selbst), eben einen "Dachschaden" hat, darin
kann sich sicherlich jeder Leser (und viele nicht nur was ihre jungen Jahre
angeht), einfinden.
Doch zum einen, wer sagt, dass "all die anderen" verstört sind und
nicht man selbst? Was sicher die anderen von einem gedacht haben oder denken?
Vernünftig wäre es, Fisser zu folgen und anhand der vielen Beispiele aus ihrem
persönlichen Leben und derer, die sie vielfach anführt, zu schließen, dass
tatsächlich jeder seine Macken hat und, immer im wertenden Blick der anderen,
leichte "Dachschäden" mit sich trägt.
Was, die erste Botschaft des Buches, eben nicht schlimm ist, gar nicht unbedingt
bewertet werden müsste (ebenso, wie "richtig und falsch" nur relative
Kategorien darstellen). Die Frage ist weniger die, "normal" unbedingt
zu werden (allein schon ob der Schwierigkeit, dieses "Normale"
objektiv festzulegen), sondern mit sich und seinen Besonderheiten möglichst
befriedet und gut leben zu können. Vor allem, da auch nach wissenschaftlichen
Untersuchungen am Ende "nur" 68% als "normal" (also
durchschnittlich) gelten. Eine ziemlich hohe Zahl also hat in der ein oder
anderen Hinsicht "offensichtliche Besonderheiten" aufzuweisen.
Drei Kernsätze gibt Fisser dabei dem Leser mit auf den Weg und erläutert diese
sehr verständlich und flüssig, wobei am Ende der Lektüre (auch das gut
gelungen) nicht "Entwarnung um jeden Preis" zu finden ist (denn manche
"Macken" sollten wir doch näher betrachten, nicht jeder
"Dachschaden" bildet einen Freifahrtschein für merkwürdiges
Verhalten), wohl aber "Erleichterung" über das eigene Wesen und die
eigenen "Besonderheiten".
"Sie können ihre Macken habe. Sie können seltsam sein – und sind
trotzdem nicht krank".
Aber es gilt auch: "Auch wenn Sie nicht krank sind, können Sie von kleinen
Tricks aus der Psychotherapeutenkiste in ihrem Leben profitieren".
Und zu bedenken wäre: "Vielleicht sind ja wirklich die anderen die
Normalen". (und das ist gar nicht so schlimm, wie es im ersten Augenblick
erscheinen könnte mit all der Angst, im sozialen Verbund Reibung zu
erzeugen).
Ruhig und anregend verfasst macht sich Fisser damit in diesem Buch Schritt für
Schritt (in erkennbar gut gewählten Struktur) auf den Weg zur Persönlichkeit
inmitten der relevanten Lebensfelder der Liebe, der Süchte, der schwierigen
Gefühle, des Lästerns und, immer erkennbar, der Angebote an Methoden und
Instrumenten, mit sich selbst in diesem Leben besser zurechtzukommen. Indem man
sich als erstes einmal so akzeptieren lernt, wie man ist und dann eigene
Schwerpunkte, vielleicht auch zur Veränderung, setzt.
Fazit
Eine anregende Lektüre.
Vorgeschlagen von Lesefreund
[Profil]
veröffentlicht am 12. Juli 2018 2018-07-12 10:33:43