Biographie in Form einer Art "Familienalbum"
Der Autor war zu Zeiten Mitarbeiter Margot Käßmanns und daher seit langem und
persönlich mit der ehemaligen Bischöfin von Hannover und Vorsitzender der EKD
bekannt. Daraus erklärt sich sicherlich auch die Vielzahl an privaten
Fotografien von Margot Käßmann, Familie, Freundinnen, die im Buck verwendet
werden und einen überaus klaren, persönlichen und "bunten" Eindruck
des Lebensweges Käßmanns verschaffen.
Wobei auch die Form des Drucks, zweispaltig auf jeder Seite, an Reportagen oder
gar an (im weitesten Sinne) eine Form von Tagebuch schon äußerlich betrachtet
darstellt. Ein Eindruck, der sich in der Lektüre verstärkt. Denn strikt
chronologisch und beschreibend geht Birnstein die Etappen dieses nicht nur
prominenten, sondern auch höchst einflussreichen Lebens nach, ohne dabei allzu
sehr in theologische Tiefen oder eine detaillierte Beschreibung von
verschiedenen "Kulturen" in den Kirchen oder in die Kernfragen der
Ökumene vorzudringen.
Die theologischen Themen der Examina und der Promotion Margot Käßmanns werden
so zwar erwähnt, wie auch die Vorbehalte gegen Sie als Frau an der Spitze der
größten deutschen Landeskirche (samt "Druck von Oben" auf Delegierte
der damaligen Wahl-Synode) oder auch ebensolche Vorbehalte, als sie
Generalsekretärin des Deutschen ev. Kirchentages wurde, aber vertieft werden
diese Themen nicht. Was also die theologischen Kerngedanken angeht, zieht der
Leser seine Schlüsse nicht aus einer, wenigstens kurzen, Darlegung der
Promotion Käßmanns, sondern aus vielfachen Beschreibungen konkreter
Situationen und "alltäglichen" Begebenheiten.
Elternhaus, Tankstelle des Vaters, Geschwister, Schule in Marburg, Studium in
Tübingen, all diese Stationen lässt Birnstein dabei beim Leser in Wort und
Bild Revue passieren und zeichnet so diesen ja durchaus außergewöhnlichen Weg
einer jungen Theologin zur damaligen Zeit nach. Als Frau eines Pfarrers
"natürlich nicht" mit eigener Pfarrstelle, sondern als
"ehrenamtliche Hilfe" ihres Mannes zunächst gesetzt. Dennoch aber mit
einer tatsächliche Klarheit des Willens ausgestattet (dessen Methode der
"Findung" Birnstein in Bezug auf Käßmann ebenfalls dem Leser nahe
bringt) und ebenso klaren theologischen Haltungen und inhaltlichen Interessen,
breitet sich vor den Augen des Lesers durchaus eine außergewöhnliche Karriere
aus, die nicht selten mit knappen Mehrheiten und gegen handfesten Widerstand
ihren Weg gegangen ist.
Jung bereits im weltweiten ökumenischen Rat der Kirchen, dann Dozentin, nicht
lange danach in wichtiger Funktion beim Kirchentag und ebenso nach nicht allzu
langer Zeit (mit 41 Jahren) plötzlich Bischöfin. Somit fehlt vor allem das
"normale Pfarramt", was die Stationen des beruflichen Weges Margot
Käßmanns so außergewöhnlich erscheinen lässt. Wie erwähnt, vieles dieser
beruflichen Seite wird recht knapp und beschreibend dargestellt, wohingegen
Birnstein die private Seite, das Leiden des ein oder anderen Kindes aufgrund der
Umzüge in je andere Städte, die eheliche Geschichte der Käßmanns, die enge
Beziehung zur Mutter (eher aber noch zum Vater) ausgestaltet und die Krisen
dieses Lebens mit Trennung und schwerer Krankheit.
Fazit
Am Ende der Lektüre legt Birnstein in dieser Form dem Leser ein recht klares
Bild von der Person Margot Käßmann vor, bei dem er auch die schwierigen
Lebenszeiten nicht ausklammert. Mit den theologischen Grundüberzeugungen und
den zentralen Themen gerade im Blick auf gesellschaftliche Einmischung und
Solidarität mit den Armen der Welt, ohne diese Seiten Käßmanns ausführlich
und differenziert zu beschreiben. Was ein wenig schade ist, aber bei einem solch
eher privaten Portrait verschmerzt werden kann.
Vorgeschlagen von Lesefreund
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veröffentlicht am 04. Juni 2018 2018-06-04 12:16:18