Von verpassen vielfacher Chancen zum Frieden
Wenn man diesen eher schmalen Band in der Hand hält und sich daran erinnert,
welch umfassende "Wälzer" zum "Krieg der Kriege" des
Mittelalters bereits verfasst wurden, dann ist von Beginn an klar, dass
Burkhardt hier nicht jede Einzelheit des Kriegsverlaufes schildern wird. So
erhält einer wie Tilly auch nur knappen Raum wie eine Art Nebenfigur. Du auch
wenn Wallenstein und Gustav Adolf brieten Raum einnehmen, ist es immer der
konkrete Blick Burkhardts, der seine Ideen, Thesen in die Auswahl der
vertiefenden Darstellung mit Einfließen lässt. Grundlegende Kenntnisse über
den 30-jährigen Krieg und nicht wenige seiner einzelnen Etappen sollten also
bekannt sein, um sich der nun doch anderen Perspektive Burkhardts mit Gewinn
nähern zu können.
Denn nachdem Burkhardt nüchtern und sachlich die menschlichen, sozialen und
wirtschaftlichen Opfer durch das "furchtbare Dreigestirn Gewalt, Hunger und
Seuchen" dem Leser plastisch vor Augen gestellt hat (und damit sehr gut den
Leser mit hineinnimmt in die "Entvölkerung" Europas jener Jahrzehnte,
ergibt fast logisch seine seiner beiden Grundfragen, denen er im Werk nachgeht.
Das eine ist die "Geschichte vom verpassten Frieden", von den gar
nicht so wenigen Möglichkeiten, das ständig weiter ausartende Abschlachten,
Verhungern, Zerstören und verbrannte Erde hinter sich lassend, zu beenden.
Friedensmöglichkeiten schon zu Beginn, Friedensmöglichkeiten beim ersten
Rückzug Wallensteins "ins Private", Friedensmöglichkeiten durch
nackte Erschöpfung und die "große Kriegspause" 1630.
Wenn da nicht Gustav Adolf von Schweden wohl in irgendeinem Winkel seiner Selle
sich als "König der Goten" und damit als "Caesar des römischen
Reiches" von Schweden aus gefühlt hätte. Ereignisse, die den
"gescheiterten Frieden" mit der schmerzhaften und harten Entwicklung
der "Staatsbildung" in Bezug setzen. Wenn aus "Heeren für
Schlachten" im Verlauf der Jahrzehnte des Krieges "stehende
Heere" werden, die versorgt, aber auch genutzt werden können, wenn diesen
Heeren "Oberkommandos" vorgesetzt und dazu erst einmal eingerichtet
werden müssen, dann zeigt sich die rote Linie, die Burkhardt ausarbeitet. Dass
zu möglichen Zeitpunkten, "einfach aufzuhören", Machtinteressen (und
selbstverständlich auch solcher der weltlichen Macht auf religiösem
Hintergrund) partikular "etwas dagegen hatten" und wiederum
Verbündete, Besorgte oder ebenfalls auf ihren Anteil hoffende Parteiungen immer
wieder mit auf die Feldzüge und Schlachtfelder geführt haben.
Fazit
So deutet Burkhardt letztlich auch den Tod Wallensteins durch Intrige in den
"eigenen Reihen" als notwendigen Schritt derer, die ihre Macht
zentrieren und nicht in die Hände einer "halbprivaten Armee" mit
legen wollten. Eine "Kumulierung von Einzelkriegen" trifft damit laut
Burkhardt den Charakter des 30jährigen Krieges auf den Punkt als ständiges
"Neu-Aufflammen" von Interessenslagen, and deren Ende der Beginn einer
klaren Staatenbildung stand. Mit nicht wenigen Momenten versehen, wo das Alte
Wort vom "Stell Dir vor, es ist Krieg, und keiner geht hin" je kurz
vor der realen Umsetzung stand. Bis eben am Ende dahin, dass der
dreißigjährige Krieg die "fortsam wirksame Heeresform des stehenden
Heeres hervorgebracht hat", die vorher unbekannt war.
Im Stil dabei eher sehr trocken erzählt, mit nicht wenig Wiederholungen
versehen und manchmal einfach den Faden fast ins Leere laufen lassend, ohne
klare, abschließende Akzentuierungen zu betonen sind dabei Mühen, die dem
Leser teils zugemutet werden und manches Mal etwas Verwirrung oder den Drang,
weiter zu blättern, hervorrufen. Dennoch gelingt Burkhardt am Ende durch das
Werk, eine andere, neue Perspektive "von den Möglichkeiten des Friedens
her" einzunehmen, die interessant zu lesen ist.
Vorgeschlagen von Lesefreund
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veröffentlicht am 03. Juni 2018 2018-06-03 13:41:46