Ein wenig zu glatt
Es ist schon ganz gut, dass die "Masche", die sich einige frustrierte
Jura-Studenten im abschließenden Semester ausgedacht haben, nicht lange
funktionieren wird. Zu wenig realistisch scheint es dem Leser doch zu sein, dass
man so ohne Weiteres ins Gericht marschiert, Mandanten auf dem Flur wirbt und
als Anwalt vor sich hin werkelt, ohne dass irgendjemandem etwas auffallen
würde. Wobei es selbst bei diesen Vorgängen ebenso wenig realistisch ist, dass
nach zwei harten Jahren als Jura-Student so wenig fachliches Wissen
hängengeblieben sein sollte, dass man sich alles an Inhalten von Anwälten eher
am unteren Ende der Nahrungskette abschauen und ab-kopieren muss, um
einigermaßen nicht aufzufallen.
Der Hintergrund aber, auf dem Grisham seine neue Geschichte spielen lässt, der
hat durchaus Realität, Brisanz und öffnet die Augen, für ein völlig aus dem
Ruder laufendes System der "freien Marktwirtschaft", die nur auf
Gewinnmaximierung um jeden Preis aufgebaut ist. Das System der
"Studentendarlehen", das sich skrupellose Geschäftsleute zu Nutze
machen, um viel vom "Rahm" abzuschöpfen. In einer Verwertungskette,
die vom Betrieb von Privatuniversitäten (die ihren Ruf nicht wert sind) über
die Auszahlung von Darlehen (und den Gewinn daran) bis hin zum
"Inkasso" weitgehend alles in einer Hand vereinigt. Samt
Hochglanzwerbung, die nur dazu führt, dass Absolventen am Ende nur eine 50
prozentige Chance auf das Bestehen der juristischen Zulassungsprüfung haben,
wohl aber den Wert eines Eigenheims im Minus sind und unverzüglich mit der
Tilgung zu beginnen haben.
Bestens gelungen sind Grisham da die kleinen E-Mail-Dialoge zwischen Todd, Mark
du Zola einerseits und den für sie zuständigen "Finanzfachleuten"
andererseits. Dieses System mit eigenen Waffen zu schlagen. Der Hydra zwar nicht
unbedingt den einen Kopf abschlagen zu können, aber Schaden zuzufügen,
materiell und ideell, das ist das Ziel der drei jungen, angehenden Juristen. Und
darin führt Grisham dem Leser ein pervertiertes System vor Augen, dass nicht
Chancen eröffnet, sondern Leben vernichtet (im wahrsten Sinne des Wortes, denn
auch einen Todesfall wird es geben). Wie nebenbei lässt Grisham dabei, mit der
Hauptgeschichte zwar verbunden, dennoch aber als eher eigenständigen
Erzählfaden die Ausuferungen der aktuellen politischen Lage von Immigranten und
"Illegalen" in den USA vor den Augen des Lesers ablaufen.
Wenn jedes Klopfe an der Tür, egal ob im Senegal oder in Washington, ein
Aufschrecken bedeutet, Kleidung und Schuhe immer am Bett bereitstehen und in der
"alten Heimat" die Staatskräfte eher als Wegelagerer ihr Geld
verdienen.
Das Ganze setzt Grisham, wie gewohnt, in einer eher schlichten Sprache um,
dafür aber mit Tempo und sehr fließendem Erzählstil. Der treffende Blick auf
die Protagonisten ermöglicht es dem Leser umgehend, emotional an den
Ereignissen Teil zu nehmen und sorgt, wie immer bei Grisham eigentlich, für
eine anregende Unterhaltung mit durchaus Informationsgewinn.
Fazit
Insgesamt aber etwas zu glatt und stringent erzählt, so dass sich nur an
wenigen Stellen echte Spannung entwickelt und die Abläufe ein stückweit zu
vorhersehbar am Ende sind.
Vorgeschlagen von Lesefreund
[Profil]
veröffentlicht am 03. April 2018 2018-04-03 12:01:11