Auf den Punkt mit Tempo und Spannung erzählt
Weder entsteht bei der Lektüre dieser neuen Thriller-Figur von Kathy Reichs der
Eindruck, als wolle sie in gleicher erfolgreichen Weise wie bisher nur mit
anderen Namen weiter agieren (die sorgsame forensische Arbeit wird hier eben
nicht übernommen oder anderweitig zu detailliert von Ermittlungen berichtet),
noch entsteht der Eindruck, Kathy Reichs wolle sich zwanghaft von bisherigen
Protagonisten abwenden. Ihre "Sunday Night" ist, von Beginn an, eine
ganz eigenständige, in sich stimmige, passende, mit Brüchen versehene Figur
(wer wohnt schon als junge Frau in grob zusammengezimmerten Hütten als
Fast-Einsiedler auf einer Insel), die weder bei der Zusammenstellung ihrer
Kleidung noch bei der Verfolgung und Auseinandersetzung mit Gegnern viel Zeit
vergeudet oder Federlesen veranstaltet.
Eine entstellende Narbe im Gesicht, ein harter Einsatz damals als Polizistin,
der sie im Nachgang in den Innendienst gebracht hätte, alles nichts für
Sunday. Gekündigt, gegangen, weg und in Ruhe gelassen werden wollen. Und Punkt.
Was, sonst gäbe es ja auch keinen Stoff zu erzählen, nicht so bleiben wird,
als der väterliche Freund zu Besuch anrudert. "Wenn Du öfter von Deiner
Insel runterkommen würdest, wüsstest Du, was los ist".
Na ja. Aber als Beau ihr von der verschwundenen Stella berichtet, vom
Bombenanschlag an einer Schule, bei dem Stellas Geschwister zu Tode kamen. Von
den versandenden Ermittlungen und einer Großmutter (altes Geld. Viel Geld),
welche die Täter nicht entkommen lassen will, da ist Sunday, bestens
ausgebildet, körperlich in Form und mit allen Wassern gewaschen, plötzlich
mitten drin. Auch emotional, denn auch sie will jede Chance nutzen, falls das
Mädchen nach so langer Zeit noch lebt, gekidnappt wurde, bei einer Sekte
festgehalten wird (was die Großmutter vermutet).
Und ebenso hält sich Kathy Reichs im Tempo des Erzählens nicht lange mit
Nebensächlichkeiten auf. Taktik und Gegentaktik, Versteckspiele und
Verfolgungen, erste, harte Konfrontationen im Hotelzimmer des ehrwürdigen
"Ritz-Hotels". "Wenn ja, waren sie genauso auf der Hut wie ich.
Sie würden nach Hinweisen auf eine Falle suchen. Der Trick mit der Nachricht an
der Rezeption. Die Observierung. Sie waren vorsichtig. Oder dachten, sie wären
es". Was auf die damals im Fall ermittelnden Polizisten wohl nicht zutraf,
denn es braucht keine zwei Minuten, und Sundays Tonfall wird schärfer und die
Stimmung gegenüber den Ermittlern gereizter. Aber das passt, denn Sunday Night
ist immer in Bestform, wenn sie alleine handelt und keine Rücksichten nehmen
muss.
Fazit
Griffig, klar, Action, das alles sehr fließend, ohne Längen geschrieben und
spannend noch dazu. Zudem ein frischer, neuer Ansatz, bedenkt man die
Tempe-Brennan-Reihe. Keine Frage, dass man demnächst gerne mehr von
"Sunday Night" lesen möchte.
Vorgeschlagen von Lesefreund
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veröffentlicht am 28. März 2018 2018-03-28 11:42:02