Genau richtig für die Gegenwart
Effizienz, Einkommen, Arbeitszeitverdichtung, eine große Schar
Langzeitarbeitsloser ohne allzu große Aussicht, noch mal auf dem ersten
Arbeitsmarkt Fuß zu fassen. Diskussion um Sozialleistungen bis hin zum
bedingungslosen Grundeinkommen und, zudem, die "Arbeitswelt 4.0" vor
der Tür, bei der große Unsicherheit herrscht, ob überhaupt noch ausreichend
Arbeitskräfte benötigt werden, um das jetzige Lebensgefüge und die Struktur
der Arbeitswelt als "Einkommensbeschaffung für das Leben" aufrecht
erhalten zu können. Daneben die Statistiken der Gesundheitsforschung, in der
immer deutlicher wird, dass moderne "psychische
Zivilisationskrankheiten" wir "Burn Out" oder "Bore
Out" sich quantitativ massiv verbreiten.
In einer Welt, die seit ehedem um den Faktor Arbeit, Leistung, Gelderwerb als
Grundvoraussetzungen für das reine Überleben und als Orientierung für die
Eingliederung des "Standes in der Gesellschaft" sich dreht. Dieses
Protokoll der Jahrestagung des Philosophicums Lech bietet einen breiten Reigen
je interessanter und individueller Betrachtungen des Themas. Sei es die
"Austreibung der Faulheit", die in den letzten Jahrzehnten immens an
Fahrt aufgenommen hat, bis hin in die Freizeit der Menschen, die kaum mehr zum
"Dösen", sondern weitgehend vor allem zur
"Selbstoptimierung" genutzt wird. Dabei kommen im Buch aber auch die
"Wonnen der Arbeit" zu Wort, die (wunderbar zu lesen) Erfindung einer
"Mußemaschine" (wenn der Mensch schon dazu nicht mehr in der Lage
sein will, warum nicht die Muße digital delegieren?).
Nicht fehlen darf eine kritische Bewertung des Kapitalismus in seinen
Widersprüchen, die ständig mehr offenkundig zu Tage treten oder auch die These
vom "Konsum als Arbeit" (was noch ad hoc eher in den
"Freizeitbereich" verortet werden würde, bei genauerem Hinsehen aber
auch ein Teil der "Arbeit" ist, denn diese stellt vielfach Produkte
her, die konsumiert werden müssen und damit den Konsum selbst als Teil des
Produktionsprozesses originär mit einbindet). Und doch schwebt über allem
jenes Thema, dass dem Werk den Titel gab. Das es eines gewissen Mutes Bedarf,
faul zu sein, dass aber Faulheit nicht weniger bedeutsam für den Menschen als
"Gesamtpaket" ist, als alle anderen Verrichtungen eines Lebens
auch.
"Wer die Faulheit ernst nimmt und praktizieren will, verstrickt sich in
einen performativen Selbstwiderspruch….(er) kann darüber nur wenig sagen,
anderenfalls müsste er sein Anliegen verraten und fleißig werden".
Faulheit hindert. An jeder Form von Tätigkeit. Das wäre das Negative, was man
sagen könnte. Sich aber selbst auszuhalten und eben nichts zu tun und damit dem
inneren System Gelegenheit geben, sich selbst in Muße "in Ordnung zu
bringen", das wäre ein unschätzbarer Vorteil. Und ein Gradmesser. Denn
jeder Leser, jede Leserin kann umgehen selbst erproben und an sich messen, ob
man denn mit sich allein auskommen könnte. Für einen Augenblick, eine Weile.
Ohne Ablenkung. Ganz faul. Dass dies nicht die Regel ist, zeigt das inzwischen
unendliche Angebot an Ablenkungen jeder Art, dass umfassend das allgemeine Leben
mitbestimmt bis regiert.
Wobei es im Weiteren wichtig werden wird, genau zu schauen, was
"Faulheit" eigentlich begrifflich genau bedeutet und ob das Glück,
dass man sich allgemein in der Gegenwart eher durch "Arbeit" und
"Erfolg" verspricht, nicht eher, oder auch anders, in der
"Faulheit" zu finden sein könnte. Ebenso, wie geklärt werden wird,
was das alles mit dem "Willen des Menschen" zu tun hat. Wann dieser
"schwach" oder "stark" sei könnte und was eben dann
"nicht naheliegende Folgen" sein könnten.
Fazit
Eine sehr zu empfehlende Lektüre in einer umfassend
"tätigkeitsorientierten Welt". Infolge derer sich der Kernbegriff der
"Unruhe" herauskristallisiert und dem Leser zur Reflexion bestens
nahegebracht wird.
Vorgeschlagen von Lesefreund
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veröffentlicht am 25. März 2018 2018-03-25 12:39:19