Hochinteressante Lektüre
Weder der Antisemitismus, noch der Glaube an die Überlegenheit der
"weißen Rasse", noch die Bedrängung eben all jener, die den (durch
die herrschende "Klasse") gesetzten Normen und Regeln nicht
entsprachen sind oder waren eine originäre Erfindung des Nationalsozialismus.
Sicher sind diese Gedanken im dritten Reich extrovertiert und mit gnadenloser
Konsequenz und Perfektion umgesetzt worden, was zum umfangreichsten Verbrechen
der Geschichte führt, neu oder gar wenig verbreitet waren solche Haltungen aber
nicht. Es ist dabei nun kein Zufall, dass gerade die vermeintlich so
"liberalen Vereinigten Staaten mit ihrem Stolz auf "die
Demokratie" gerade in dieser Hinsicht nicht selten ebenso rigide in
formuliertem Gesetz und alltäglichem Handeln sich vorfangen, wie es ab 1933 in
Deutschland ebenfalls stringent umgesetzt wurde.
So kann Roland Freisler 1934 mit bestem Gewissen und auf der Basis tragfähiger
Fakten formulieren: "Diese (die amerikanische) Rechtsprechung würde für
uns vollkommen passen, mit einer einzigen Ausnahme. Dort werden nämlich (...)
überall nur Farbige und Halbfarbige gemeint... lediglich sind die Juden, die
außerdem uns interessieren, nicht unter die Farbigen gerechnet".
Eine Tradition des Denkens, die sich massiv in den 60er Jahren in Amerika im
Rahmen der Bürgerrechtsbewegung in aller Härte zeigte und die auch in der
Gegenwart im Blick auf "Mexikaner" oder "Dreckslöcher"
ebenso den Geist eines erkennbaren Rassismus an höchsten Stellen der
staatlichen Leitung offen vor Augen legen. Sehr interessant, ruhig im Ton,
fundiert und überzeugend in der Argumentation führt Whitman in seinem neuen
Werk detailliert aus, wie sehr die "Nürnberger Gesetze" und vielfache
andere, im Sinne der Nationalsozialisten neu zu formulierende, juristische
Regeln auf der damals faktischen amerikanischen Rechtsprechung fußten. Als
"Modell" gar wurden die amerikanischen Rassengesetze ausführlich
studiert und in Besprechungsgruppen auf die nun zu installierenden
"deutschen Verhältnisse" umformuliert.
"Besonders erschreckend daran ist, dass ausgerechnet die radikalsten
Nationalsozialisten bei diesen Treffen zu den glühendsten Verfechtern der
Vorstellung gehörten, Deutschland könne von den amerikanischen Ansätzen
lernen". Ein Interesse, das bereits Ende der zwanziger und frühen
dreißiger Jahre auch bei Hitler selbst ausgeprägt bereits vorlag. Seite für
Seite nun geht Whitman dem Einfluss der amerikanischen Rassengesetzte für die
Rechtsetzung im dritten Reich nach, bis ein klares Bild der inneren
Verbundenheit beider Rechtsetzungen und der dahinterliegenden Haltungen
aufgezeigt wird. Und was das alles über Deutschland in jenen Jahren, die
moderne Geschichte des Rassismus und insbesondere über Amerika selbst verrät.
"Fakt ist, sie (die Nazis) wollten mit ziemlicher Sicherheit tatsächlich
von den Amerikanern lernen". Und damit bleibt nur der zwingende Schluss,
dass auch die Entwicklung der "freien Welt" nach Ende des zweiten
Weltkrieges, angeführt von den USA, letztlich inhärent auf einem klar
formulierten Rassismus mit beruhen.
Fazit
Eine wichtige Lektüre.
Vorgeschlagen von Lesefreund
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veröffentlicht am 12. Februar 2018 2018-02-12 13:12:15