Ein ausführlicher Blick auf das Deutsch-Russische Verhältnis
Zu kaum einer anderen Nation, einem anderen Land (außer vielleicht zum direkten
Nachbarn Frankreich), hat Deutschland eine solch wechselhafte Geschichte erlebt
wie mit dem russischen Reich, der Sowjetunion und in der Gegenwart Russland. In
beiden Weltkriegen erbitterte Gegner, in Zeiten zuvor in Teilen enge Verbündete
(soweit das ob der Entfernung und der völlig anderen gesellschaftlichen
Prägung möglich war), aber auch im Rahmend es "Eisernen Vorhangs"
direkt benachbarte "Feinde". Viel wechselhafte Geschichte spätestens
seit Peter dem Großen und seiner strikten Ausrichtung "nach Westen",
was damals zunächst Deutschland hieß bis hin zu den Verfolgungen und der
Drangsal deutschstämmiger und deutschsprechender Bevölkerungsgruppen nach dem
zweiten Weltkrieg, die im Rahmen der sogenannten "Russlanddeutschen"
in großer Zahl seit den 1980er Jahren von Russland nach Deutschland umsiedelten
und zuvor das Verhältnis beider Nationen von seiner schlechtesten Seite her
(zumindest, was die russische Seite betrifft) erlebt haben.
Geschichtliche Momente bis hin zu der nicht eindeutigen und verscheiden
bewerteten Lage in der Gegenwart, die Gloger in ruhigem Stil und sachlich
orientiert aufnimmt und anhand derer sie dieses besondere Verhältnis
detailliert beschreibt: "In keinem anderen westlichen Land wird so
leidenschaftlich um Russland und seine Zukunft gerungen, wie in
Deutschland". Und auf der anderen Seite ist es gar nicht so wundersam, dass
Putin fließend deutsch spricht. Es ist ein besonderes Verhältnis zwischen
diesen beiden Nationen, ohne Frage.
"Zwei Länder, zwei Völker, die seit tausenden von Jahren nicht
voneinander lassen können"
Vorurteile, Furcht, Hass bis aufs Blut, Bewunderung, Neid durchaus, Freundschaft
und Kooperation andererseits, Ein Verhältnis der starken Polarisierungen, auch
dies kann man zunächst festhalten, wie es Gloger vollzieht. Eine kluge
Entscheidung der Autorin ist es daher, mit jenem Ereignis und jener Person zu
beginnen, die für den konstruktiven Teil der beiderseitigen Geschichte steht,
vielleicht genau darum aber am Ende im eigenen Land scheitern musste.
Gorbatschow und sein Versuch, die Welt friedlich zu ändern. Und auch das kann
ein Ergebnis der Lektüre dieses wechselhaften Verhältnisses sein, wie oft die
konstruktiven Möglichkeiten wenig genutzt wurden. Als würden die Menschen, die
"Staatenlenker" zu allen Zeiten eine friedliche Kooperation eher
unschön finden.
Wobei der tiefe Blick in die Geschichte und die sorgsame Beschreibung der
Ereignisse und, vor allem, der Folgen dieser Ereignisse für die innere Haltung
einander gegenüber im Buch natürlich nicht zu kurz kommen. Bis hin zur
überzeugend argumentierten Sicht auf die Gegenwart, in der die Staatsleitung
Russlands dieses als "postwestliche Avantgarde" betrachtet und damit,
mit vielfachen Spannungen und Gefahren verbunden, der Weg beider Nationen
aktuell mehr und mehr auseinanderzudriften scheint.
Wobei der Grundton des Buches erkennbar dahin geht, sich gegen ein solches
"Trennen" vehement zu stellen und, gegen allen Augenschein zur Zeit,
das Verbindende und Gemeinsame unbedingt suchen zu sollen. Denn an jenen Orten,
an denen die Verbindung konstruktiv und eng wurde und war, folgten immer
positive Momente. Nicht nur für die beiden Länder, sondern auch darüber
hinaus. So steht die "Wende" 1989 eben auch für ein stärker
zusammenwachsendes Europa. Was gerne in den Wogen der darauffolgenden Haltungen
und Ereignisse fast vergessen zu werden droht. Und doch und dennoch gilt:
"Deutschland bleib sein (Putins) natürlicher Anknüpfungspunkt, sein Tor
in die Welt". Wie es schon für Peter den Großen galt. Einerseits.
Während andererseits er sich (und vielleicht die ganze "russische
Seele") am Anblick Merkels vor dem Hund weidete.
Fazit
Eine interessante und fundiert recherchierte Lektüre, die in sehr
verständlichem Ton die Eigenarten und die Geschichte eines besonderen
"Staatenverhältnisses" aufzeigt.
Vorgeschlagen von Lesefreund
[Profil]
veröffentlicht am 04. Dezember 2017 2017-12-04 10:46:35