Präzise und emotional treffend
Es gab sie: Frauen, die Uniformen gefallener Südstaatler anzogen und mit in den
Kampf gegen den Norden zogen. Eindrucksvoll schildert Hunt eine solche Szene,
ein solches "sich Einreihen", umgehend zu Anfang des Romans wie
nebenbei. Intensiv recherchiert hat der Autor, bevor er sich kongenial an die
Darstellung einer solchen Frau im gesamten Umfang begibt. Constance, die sich,
als "männlicher Soldat" "Ash" nennt. Die ihren Mann auf dem
Hof zurücklässt, denn sie kann besser schießen und überhaupt besser
"ihren Mann stehen". Und es muss etwas getan werden zur Verteidigung
des eigenen Hofes und Landes.
Mit kühler Sprache, eher sachlich denn in den Figuren emotional, führt Hunt
nun seine "Ash" durchs Land und auf die Schlachtfelder. "Geh und
schau was in dir steckt", das sind die Worte ihrer Mütter. Verstorben
schon längst, aber Ash hält das Gespräch mit ihr rege aufrecht. Das gesamte
Buch hindurch. Wie sie mit Briefen Kontakt zu ihrem Mann hält. Und aus allem
spricht eine klare Haltung. Kein Zweifel. Kein Bereuen. Sie ist es, die als Teil
der Wache den ersten Gegner treffsicher erschießt, rührungslos.
"…die Kameraden haben gemeint, wir sollten gleich zurück und Meldung
machen, aber ich bin noch einen Moment bei dem Getöteten geblieben".
Entspannt.
Was im Kampf auch so bleiben wird. Aber in anderen Situationen nicht. Denn wenn
Beine fliegen, Schreie ertönen, Blut den Boden durchtränkt, auch Ash ist nicht
vor Kugeln gefeit und ihre Verkleidung nur ein äußerer Schützt. Solange sie
nicht entkleidet wird. Was geschieht, als sie verwundet wird. Damit aber ist das
Ende der Geschichte noch nicht erreicht, denn Ash wird sich noch vieler
Schwierigkeiten erwehren müssen. Und noch einmal, als alles schon vorbei
scheint, die Waffe erheben aus privaten Gründen. Was ihr keine Schwierigkeiten
bereiten wird. Aber böse Folgen nach sich ziehen kann. Wenn einer eine Leiter
hochsteigt mit einer Muskete in der Hand.
Hier, wie an allen anderen Stellen im Roman, trifft Hunt genau den Ton und genau
das, was die Gewalt des Krieges, das "Auge in Auge" mit dem Feind, das
zum Alltag wird, an der Seele, in der Persönlichkeit hervorruft. Wie soll
danach ein Leben ohne innere Belastung, friedlich, noch funktionieren? Wenn
alles sonst mit der Waffe geregelt wurde, wenn es jeden Tag hieß: "Der
oder ich"?
"Ich schrieb, dass ich ihn arg vermisse. Und arg froh bin".
Und Hunt schreibt minutiös von allem, was diesen Krieg mit ausmacht. Listen und
Hinterhalte, Schreie und verlorene Körperteile, medizinische Versorgung, die
eher an eine Metzgerei erinnert, der Tod allgegenwärtig, aber auch Freundschaft
und gar Liebe (wenn auch einseitig, denn Ash steht für so etwas nicht zur
Verfügung. Mit Folgen).
Fazit
Ein Buch wie aus einem Guss, sprachlich genau angemessen, lakonisch teils, das
weit über das konkrete historische Ereignis heraus dem Leer vermittelt, was
Krieg, Kampf, Schlacht wirklich ist und was diese im Menschen auslöst. Bestens
gewählt ist daher die leicht distanzierte Sprache, die eben nicht sich in die
emotionalen Tiefen der Personen begibt, sondern deren Entwicklung anhand ihrer
Handlungen nachvollzieht.
Vorgeschlagen von Lesefreund
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veröffentlicht am 26. August 2017 2017-08-26 12:27:32