Bei Sergeant Patrick James Collins könnte man sich fragen, wann je seine
Diensttauglichkeit untersucht wurde. PJ. wirkt körperlich so unbeholfen, dass
er in seinem Ein-Mann-Revier Duneen in Irland mit Sicherheit keinem Taschendieb
nachspurten wird. Im Privatleben steht der Dorfpolizist unter der Fuchtel seiner
couragierten Haushälterin Mrs Meany und der kochenden und backenden Frauen des
Dorfes. Bisher vermisste Dundeen vermutlich keinen sportlicheren Polizisten,
weil keine Straftäter gejagt werden mussten. P.J. hat sich zielsicher für
eine Stelle beworben, in der er sich nicht überarbeiten würde und sich in der
Achtung seiner Position sonnen konnte.
Als bei Bauarbeiten auf Burkes nicht mehr bewirtschaftetem Hof eine Jahre alte
Leiche gefunden und PJ. der Kollege Collins aus Limerick als Ermittler an die
Seite gestellt wird, findet diese Idylle ein jähes Ende. Der Tote kann nur
Tommy Burke sein, der vor 20 Jahren plötzlich verschwand, behaupten einige
Dorfbewohner. Was damals passierte, scheinen alle zu wissen und alle zu
verschweigen. Während PJ. agiert, als hätte er noch nie in einem Mordfall
ermittelt, zeigt die Geschichte um Tommy Burke ihre Tücken. Geld oder Liebe?
Wer hatte damals Interesse an Burkes Besitz und welche Frauen liebte Tommy
Burke? Die Ross-Schwestern? Auf dem Hof Ard Carraig blieben nach dem Tod der
Eltern drei Schwestern zurück, die weder miteinander noch ohne einander leben
können. Abigail Ross kümmerte sich um die Finanzen, Evelyn übernahm den
Haushalt und Florence bringt als Lehrerin in der Dorfschule ein sicheres Gehalt
nachhause. Jede von ihnen glaubt, sie hätte sich für ihre Schwestern geopfert
und so ist ihre Beziehung Zuflucht und Gefängnis zugleich.
Graham Norton zeichnet hier das Idealbild eines irischen Dorfes, in dem die Zeit
stehen geblieben zu sein scheint, mit einem kleinen Laden als Umschlagplatz
für Klatsch und Tratsch. Mrs O’Driscoll sitzt darin wie eine Spinne im Netz
und hört, was im Dorf gesprochen wird. Nur zwanzig Jahre sind vergangen seit
der Zeit, als Frauen noch für den Besitz eines Bauernhofes verschachert wurden
oder zu einem Leben als alte Jungfern verurteilt waren.
Fazit
Ein idyllisches, ländliches Setting, ein schwergewichtiger Anti-Held als
Ermittler und ein lange zurückliegender ungeklärter Todesfall sind Nortons
Zutaten für seinen Krimi. Die irische Dorfatmosphäre ähnelt beinahe der
eines Cozy Krimis. Nortons Stil wirkt sehr ausufernd, nicht ganz kitschfrei –
und das offene Ende ermöglicht eine Fortsetzung der Geschichte.
Vorgeschlagen von Helga Buss
[Profil]
veröffentlicht am 18. August 2017 2017-08-18 07:07:39