Ein (fast) sympathischer Mörder
Man kann ihn durchaus fast "umschwärmt" nennen. Den Arzt von
Norddeich (klar, es gibt dort noch andere, aber seine Patienten schwören allein
auf ihn). Dr. Bernhard Sommerfeld. Für jeden ein offenes Ohr. Einer, der
virtuos auf der Klaviatur der Abrechnungen zu spielen vermag und dem das halbe
Städtchen nicht nur einen Gefallen verdankt. Selbst Hauptkommissarin Ann
Kathrin Klaasen wird er Linderung verschaffen und der taffen Polizistin damit
körperlich näherkommen, als die meisten anderen, so sehr diese sich das
manchmal auch wünschen würden.
Was im Übrigen ein sehr interessanter und absolut funktionierender Kunstgriff
von Wolf ist, seine in der Vergangenheit erfolgreiche Figur der Ann Kathrin
Klassen hier in einem Perspektivwechsel nie aktiv selber auftreten zu lassen,
sondern diese immer durch die Augen des "Neuen" für den Zuschauer
mehr im Hintergrund mitlaufen zu lassen. Und dann hat der Doktor, der dem guten
Wein, vor allem aber "dem guten buch" sich vollständig verpflichtet
hat auch das "Glück seines Lebens". Diese eine Frau. Dieses
wundervolle Wesen. Leider geschlagen mit einem ekligen, herrschsüchtigen
Lebensgefährten. Wie auch eine seiner Lieblingspatientinnen und deren Sohn es
privat, was Ehemann und eben auch Vater angeht, absolut nicht gut getroffen
haben im Leben.
Was nun Norddeich nicht weiß, was aber sowohl der
"Noch-Lebensgefährte" von Beate, der neuen Muse an Sommerfelds Seite,
was der Vater des kleinen Frithjoff, aber auch ein unbeteiligter, leider nicht
rücksichtsvoller BMW Fahrer auf einer Autobahn näher kennenlernen werden, als
ihnen lieb sein kann, ist die andere Seite des charmanten und feingeistigen
Arztes. Der auch nicht Arzt ist, nicht richtig zumindest. Dr. Sommerfeld kann
auch auf andere Art heilen. Indem er von Krankheiten in Gestalt von Menschen
heilt. Was den Übeltätern nicht gut bekommt (wobei Sommerfeld auch da
rücksichtsvoll und warnend vorgeht. Wer aber nach dem schmerzhaften Verlust des
ein oder anderen Fingers nicht verstehen will, tja, da werden dann andere Seiten
aufgezogen).
Wobei das eine zum anderen und darüber hinaus führt, ein Tauschring für
private Fotoalben sich immer mehr zu erweitern scheint und da Sommerfeld nicht
ruhen wird, einige der Alben (mit Grund) in eigenen Händen zu halten, türmt
sich mehr und mehr ein ziemlicher Berg an Leichen im Lauf der Ereignisse.
Höflich, charmant, aber kühl und ohne Gnade, wo es darauf ankommt und mit
einer gehörigen Portion Leidenschaft, die man lieber nicht wecken sollte.
Fazit
Das ist gut gelungen. Das ist temporeich, mit hintersinnigem Humor und Ironie
geschrieben, das hat auch durchaus seine harten, blutigen Szenen und lässt den
Leser genau auf er richtigen Grenze zwischen "Daumendrücken" für den
beflissenen Doktor und Abscheu vor dem auch vorhandenen Wahn hin- und her
Schwanken. Mit hoffentlich noch einigen Fortsetzungen, denn von diesem Dr.
Sommerfeld möchte man gerne mehr lesen.
Vorgeschlagen von Lesefreund
[Profil]
veröffentlicht am 26. Juni 2017 2017-06-26 16:49:50