1746 läuft im Hafen von New York ein Schiff ein. An Bord ein Mann, der sich
Richard Smith nennt und hier Geschäfte machen will. Das Leben in "den
Kolonien", wie er die Stadt nennt, gibt ihm einige Rätsel auf. Als
vertrauenswürdiger Kaufmann müsste Smith sich den hiesigen Sitten anpassen und
sich in den Kaffeehäusern der Stadt nach Geschäften umhören. Wäre Smith ein
ehrlicher Kaufmann, würden die Händler der Stadt vermutlich seine Auftraggeber
und Handelspartner kennen. Die Goldmünzen, die er mit sich führt, nimmt ihm
hier kein Händler ab. Was ist das für ein Wechsel über die enorme Summe von
1000 Pfund, den er bei einem Mr Lovell eintreiben will? Smith wird beraubt, die
Spur seines Wechsels verliert sich. Nachrichten verbreiten sich in Windeseile
in der Stadt. Schadet das Tempo Smith' Plänen, wird er es sich zunutze machen?
Als die heiratsfähigen Töchter der New Yorker Kaufmannschaft ins Spiel kommen,
scheint die Handlung sich in Richtung Schelmenroman zu entwickeln. Smith tritt
als rechtes Schlitzohr auf und seine Gastgeber, die ihn beherbergen, scheinen
ihm nicht unbedingt gewachsen zu sein. Er selbst sieht sich als Eisläufer auf
extrem dünnen Eis; denn als er im Schuldturm landet, spricht zunächst kaum
etwas für seine Unschuld. Im Original unter dem Titel "Golden Hill"
veröffentlicht, führt das hochgelobte und preisgekrönte Buch in ein
beschauliches New York mit gerade einmal 7000 Einwohnern, in dem das
niederländische Bürgertum sich bewusst gegen die Sitten und Werte der Briten
und Schotten abzugrenzen versucht.
Fazit
Als Sachbuchautor und gewiefter Rechercheur schöpft Spufford aus einem üppigen
Fundus an historischen Details. Es lohnt, sich in Ruhe auf die schnurrige
Sprache und die doppelbödigen Dialoge einzulassen und sich nicht auf der Jagd
nach der Lösung von Smith' Geheimnis durch die Handlung hetzen zu lassen. Der
Eindruck von Schelmenhaftigkeit bestätigt sich auf mehreren Ebenen, als
schließlich Smith' Rätsel gelöst wird und sich im Epilog die Erzählerfigur
vorstellt, die die Geschichte im Jahr 1813 rückblickend zum Besten gibt. Mit
Leseband, Golddekor und Vignetten im Text ein der geschilderten Epoche
angemessen schönes Buch.
Vorgeschlagen von Helga Buss
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veröffentlicht am 25. Juni 2017 2017-06-25 09:04:00